Wien - Kritik am Ausbau des barrierefreien Zugangs im ORF haben Behinderten-Vertreter am Donnerstag geübt. Gerhard Höllerer, Präsident des österreichischen Blinden- und Sehbehindertenverbandes (ÖBSV), forderte den ORF bei einer Pressekonferenz auf, einen Etappenplan zur Barrierefreiheit schriftlich vorzulegen. Behindertenanwalt Erwin Buchinger sprach von einem "sehr unbefriedigenden Zustand". Lukas Huber, Generalsekretär des Österreichischen Gehörlosenbundes (ÖGLB), forderte vom ORF, dass er alle drei Kanäle (ORF Eins, ORF 2, ORF Info Plus) zu 100 Prozent mit Untertiteln versehen solle.

Kritik an den fehlenden Zahlen übte auch die gehörlose Grünen-Abgeordnete Helene Jarmer. Sie will den Etappenplan "auf Papier in scharz/weiß" vorgelegt bekommen.

Der ORF hat bekanntgegeben, dass der Plan "dem ORF-Stiftungsrat nächste Woche gesetzeskonform zum Beschluss" vorgelegt wird. Auf die Kritik der Behinderten-Verbände angesprochen, sagte ein ORF-Sprecher: "Wir haben das Gesetz auf Punkt und Beistrich korrekt befolgt."

ORF: Ressourcen fehlen

ÖGLB-Generalsekretär Huber forderte den ORF auf, auch "Bundesland-Heute"-Sendungen zu untertiteln. Ein klares Nein dazu gibt es aus dem ORF. "Mit der bisherigen Ausstattung ist es nicht möglich, neun Sendungen zeitgleich mit Untertiteln zu versehen", so ORF-Humanitarian Broadcasting-Sprecherin Christine Kaiser. Außerdem wäre eine Umsetzung sowohl personal- als auch kostenintensiv, dafür würden dem ORF die Ressourcen fehlen. Neben den Untertitelungen wünscht sich Huber auch Sendungen speziell für Hörgeschädigte. Als Beispiel führte er das Wochenmagazin "Sehen statt Hören" des Bayrischen Rundfunks an. Auch ein Gebärdendolmetscher für politische Sendungen ist für Huber erstrebenswert.

ÖBSV-Präsident Höllerer verlangte vom ORF, die Audiokommentierung auszubauen. So sollen auch Spielfilme mit Audiokommentaren gesendet werden. Zudem kritisiert er das bisher niedrige Angebot an Audiodeskriptionen. Im Jahr 2009 seien lediglich 0,7 Prozent des Angebots mit Audiodeskription versehen gewesen - dies sind 119,5 von 17.769 Stunden Fernsehprogramm. Für das Jahr 2011 will der ORF, wie DER STANDARD berichtete, das Angebot auf rund 430 Stunden steigern. So wird etwa die Show "Dancing Stars" erstmals mit Audiokommentar versehen.

Buchinger schlug vor, Presseförderungen daran zu knüpfen, dass "sich Medien dazu verpflichten, das Bild der Behinderten zu positivieren". Dies würde dazu beitragen, Barrieren abzubauen, so Buchinger. In eine ähnliche Kerbe schlägt Huber: "Im Mediengesetz soll der Ausbau der Barrierefreiheit festgeschrieben werden". Höllerer kritisiert, dass auf Behinderte bei der Gesetzwerdung vergessen werde. (APA)