Los Angeles - Eigentlich war Ernestine Jane Geraldine Russells Karriereeinstieg dem vieler gegenwärtiger Sternchen gar nicht unähnlich: Entdeckt wurde sie knapp 20-jährig vom exzentrischen Traummaschinenbauer Howard Hughes, dem ihre äußere Erscheinung, besonders ihre Oberweite, auffiel. Er engagierte sie für seinen Western "Outlaw", schon vor der Veröffentlichung des Films sorgten die Plakate, auf denen die Newcomerin abgebildet war ("Mean ... Moody ... Magnificent"), für Skandalisierung. Russell war als Sexgöttin gebrandet. Das bedeutete jedoch keineswegs, dass die Filme, in denen sie mitwirkte, viele Abenteuerfilme und Western, sie zum Sexobjekt degradieren konnten.

Am besten bringt das Gemenge aus Sexiness und Witz, Körperlichkeit und Geist der 1921 in Minnesota in eine mittelständische Familie geborenen, nachmaligen Diva wahrscheinlich jener Film auf den Punkt, den Russell selbst zu ihrem Favoriten kürte: das gewitzte Musical "Blondinen bevorzugt / Gentlemen Prefer Blondes" von Howard Hawks, in dem sie 1953 gemeinsam mit Marilyn Monroe auf Männerfang ging.

Mit Ende dieses Jahrzehnts und dem langsamen Ableben des klassischen Studiokinos verschwand Russell von der Leinwand. Neben den genannten sorgten Werke wie "Ein Satansweib / His Kind of Woman" (1951) oder "Macao" (1952, beide mit Robert Mitchum) dafür, dass sie im popkulturellen Gedächtnis gegenwärtig blieb - nicht nur in Gestalt von Wiedergängerinnen wie Mad Mens Joan Holloway.

Jane Russell war insgesamt dreimal verheiratet, mit ihrem ersten Ehemann hatte sie drei Kinder adoptiert. Für das Thema Adoption engagierte sich die bibelfeste Hollywoodikone über Jahrzehnte tatkräftig - entgegen ihrer freizügigen (Selbst-)Darstellung auf der Leinwand war Russell vor allem in ihrem letzten Lebensabschnitt eine gestandene Konservative.

Am Montag ist die mehrfache Groß- und Urgroßmutter 89-jährig in ihrem Haus in Santa Maria, Kalifornien, gestorben.  (Isabella Reicher/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2.3.2011)