Vom Mailverkehr in der Generaldirektion des ORF ist man ja schon einiges gewöhnt. Und Wahlen im ORF nehmen ja auch gerne originelle Wendungen. Die Wahl des Betriebsrats in der Generaldirektion vermag dennoch zu überraschen.

Auf eine kurze Formel gebracht: Die Betriebsratswahl in der Generaldirektion brachte je zwei Mandate für die jeweils bürgerlichen Listen von Carina Kratzik und Monika Wittmann, die Nachfolgerin des Langzeitbetriebsrats Heinz Fiedler. Kratzik erhielt aus dem Stand zwei Stimmen mehr als Wittmann. Beide erheben den Anspruch auf den Betriebsratsvorsitz, für den es drei von fünf Stimmen braucht. Eine rote Liste hat das fünfte Mandat.

Soweit, so klar. Nun will laut Kratzik der Zweitgereihte auf ihrer Listezur zweitstärksten  Liste Monika Wittmanns überlaufen - und so Wittmanns Liste zur mandatsstärksten und Wittmann zur Betriebsratschefin in der Generaldirektion machen.

"Wählertäuschung"

Kratzik schreibt den Mitarbeiter der Generaldirektion: "Die Konstituierung steht noch bevor, und schon gibt es Gerüchte und Hinweise, dass mein Listenzweiter Herbert Dobrovolny, der vor der Wahl schriftlich versprochen hat, sein Mandat bei Erreichung von 2 Mandaten zugunsten von Dr. Ulrike Schmid zurückzulegen, nunmehr für die Liste Wittmann/Gemeinsam stark stimmen will, um sich selbst einen Vorteil und vor allem Monika Wittmann den Vorsitz zu verschaffen. Das wäre ein beispielloser Akt der Wählertäuschung und Doppelagentenschaft. Ich kann nur hoffen, dass noch Anstand und demokratische Sitten herrschen! Man wird ja sehen."

Was sagt Dobrovolny dazu? Ob es die erwähnte, für sich schon recht interessante Vereinbarung über das abzutretende Mandat gab, will er nicht kommentieren. Er weiß aber zu berichten, dass es bis in die 1990-er Jahre zurück Judikatur gebe, die solche Vereinbarungen für unwirksam erklären. Er will sein Mandat offenkundig nicht abgeben.

Dobrovolny will sich auch nicht äußern, ob er Wittmann unterstützen will. Er sagt, man müsse aus dem Wahlergebnis - er rechnet da in Mandaten - eine Lösung finden, die "konstruktives Arbeiten" ermögliche. Will er womöglich selbst Betriebsratsvorsitzender der Generaldirektion werden, wie intern schon spekuliert wird? "Ich denke nicht, dass ich ein geeigneter Kandidat dafür wäre."

Die konstituierende Sitzung mit der Wahl des oder der Betriebsratsvorsitzenden muss übrigens der älteste Betriebsrat einberufen, und das bis Ende nächster Woche. Die Aufgabe fällt Dobrovolny zu. (fid)