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Das Taj Mahal Palace Hotel Mumbai am Arabischen Meer.

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Auch innen erinnert nichts mehr an die Vorkommnisse von 2008, außer verschärfte Sicherheitskontrollen.

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Chowpatty Beach.

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Der Pool des Taj.

Grafik: Taj Mahal Palace Mumbai

Anreise & Unterkunft

Z. B. von Wien nach Mumbai mit der Austrian:

Unterkunft: das Taj Mahal Palace Hotel, im Doppelzimmer ab € 270. Tel.: 0091-22/66 65 33 66

Grafik: DER STANDARD

Sie stehen einander gegenüber wie in einem Showdown. Der Torbogen, einst eine Verbeugung vor dem Britischen Reich. Und das Hotel, eben damals ein Akt des indischen Stolzes und der Selbstbestimmung. Heute gelten sie als die Wahrzeichen von Mumbai (früher Bombay), wenn sie auch mit der Stadt nur in jedem Sinn sehr peripher zu tun haben.

Der Gateway of India, ein massiver Steinbau, sollte an den Besuch von König George V. 1911 erinnern, war bei dessen Besuch aber noch unfertig und wurde erst 13 Jahre später eingeweiht. Für den Abzug der letzten britischen Truppen war er immerhin eine schöne Kulisse.

Das Taj Mahal Palace Hotel hingegen steht da, weil der Industrielle Jamshedji Tata aus Bombay eine Begegnungsstätte zwischen Indern und Europäern auf Augenhöhe haben wollte. Manchmal als Fakt, dann wieder als Legende heißt es, dass sich Tata darüber geärgert habe, in seiner Stadt in einem feinen Hotel unter britischer Leitung keinen Zutritt zu bekommen. 1898 kaufte er Land an der Südspitze der Hafenstadt. 1903 wurde das Taj als erstes indisches Luxushotel eröffnet.

Seit damals wurden sowohl der Financier wie der Bau zur Legende. Zur Tata Group gehören heute unzählige Unternehmen, von Tee über Software bis Jaguar. Und eben die Taj-Kette, "a hotel chain unchained by convention", 79 Hotels, sieben Paläste, sechs private Inseln, mit dem Gebäude am Ufer des Arabischen Meers als Flaggschiff: 560 Zimmer und Suiten, zwölf Restaurants, doppelt so viel Personal wie Gäste.

Es sind nicht diese Zahlen allein, die den Nimbus des Taj Palace ausmachen. Auch nicht nur der kuriose Stilmix aus neogotischen, indischen und maurischen Elementen, von indischen Architekten geplant und gekrönt von einer mächtigen, funktionslosen Kuppel. Das Hotel steht vielmehr symbolhaft für alles, was man in Indien erreichen könnte. Wenn man könnte. "Es ist nicht ein Hotel", schreibt der Wirtschaftshistoriker Morgen Witzel in seinem Buch Tata, "es ist eine Ikone, ein Symbol des Bürgerstolzes von Mumbai, auch für alle, die nie einen Fuß über seine Schwelle gesetzt haben."

Gerade als dieses Symbol griffen die Deccan Mudschaheddin das Hotel als eines der Ziele in Mumbai am 26. November 2008 an. "26/11" ist seither das Trauma der Stadt, und es wird am engsten mit dem Hotel assoziiert. Dutzende Menschen starben in dem gelegten Feuer und dem Kugelhagel.

Die Leitung reagierte rasch und entschieden. Nach eineinhalb Jahren war das Hotel restauriert, an 26/11 erinnern eine Gedenkmauer mit allen Namen und die verschärften Sicherheitskontrollen, ansonsten sieht es außen wie innen aus, als wäre nie etwas passiert.

Freunde haben mir geraten, es mir nach einer anstrengenden Reise durch Südindien ein paar Tage in Mumbai gutgehen zu lassen, und nirgendwo gelinge das besser als im Taj.

In der Tat ist das Hotel wie eine zweite Insel am Rand der Insel, die das alte Bombay beherbergt. Alles, was den Subkontinent teils so faszinierend, teils so schwierig für den Zugereisten macht - die Farben, die Gerüche, der Lärm, das ganze grelle, pralle Leben -, gelangt nur stark gefiltert, ins Kunstvolle überhöht oder gar nicht durch die Portale ins Innere. Indien wird zum Wunschbild, zu einem Tableau von Blüten, wunderbar bunten Arrangements, Buddhatränen-Mustern in den Einlegearbeiten des Steinbodens, gerahmten Erinnerungen an eine große Geschichte. Und an die vielen Gäste von der Queen bis John & Yoko, von Jackie O. bis Obama letzten November. (Die meisten, sagt die PR-Managerin des Hotels Nikkila Palat, wählen das indische Restaurant im Hotel. "Nur Carla Bruni wollte Pizza. Hat sie bekommen.")

Das Taj ist ein Insel, die dem Gast den Rest der Stadt fernhält. Wer dennoch eine Ahnung davon haben will, wie die geschätzten 14 bis 21 Millionen Mumbaiten leben, wer statt des gepflegten Pools auch einmal den Ozean sehen möchte, der muss eben heraus aus dem klimatisierten Kokon des Hotelpalastes.

Und sei es als joggender Alien. Um sieben in der Früh mache ich mich auf. Unweit des Hotels schlafen Leute auf dem Gehsteig, andere machen sich Tee auf offenen Feuern. Ich laufe zum Marine Drive hinüber, folge den Empfehlungen zum Chowpatty Beach. Einst vielleicht wirklich ein benutzbarer Strand, ist er zu einer Kloake verkommen. Familien kriechen aus Kartonzelten hervor, während auf der anderen Seite der Kaimauer die neue Mittelschicht promeniert und joggt. Denn ich bin ja noch im sozusagen besseren Teil von Mumbai, im Schatten von Bürotürmen und Art-déco-Wohnhäusern und unweit von Parks, in denen sich Cricket-Mannschaften aufs erste Spiel vorbereiten. Diese Gegend und Colaba, wo das Hotel liegt, gelten als cool; die Elendsviertel sind viel weiter im Norden. Alles zusammen ergibt wohl das Gemisch, das Suketu Mehta mit seinem Buch Maximum City gemeint hat: Was für ein Hochdruckkessel Mumbai geworden ist, mit seiner Unterwelt, seiner Korruption und seiner unerträglichen Dichte.

Das Taj Mahal Palace ist nur das zu Stein gewordene andere Ende dieser urbanen Skala, ein perfekt inszeniertes Kontrastprogramm. Mein "personal butler" (nicht ganz, er betreut auch andere auf dem Stockwerk, aber immerhin) erledigt den elektronischen Check-in des Rückflugs für mich. Er hat mir auch Theaterkarten besorgt, nachdem er sich informiert hatte, dass gerade keine Bollywood-Filme mit englischen Untertiteln laufen.

Und er hat sich in den Gast hineingedacht. Wenn der aus Wien kommt, dann sollte man wohl zu Recht annehmen, dass ihm Musik nahe ist. Also hat er im Fundus nach etwas Besonderem zur Erinnerung gesucht und ist fündig geworden, nicht ganz zielgruppengenau, aber das ist bei der großen Entfernung verzeihlich: Er schenkt mir die CD Ein zärtliches Lied, gesungen von Johannes Heesters, "as old as the hotel!" (Michael Freund/DER STANDARD/Rondo/04.03.2011)