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Vievienne Westwood: "Ich möchte mich auf die Erhaltung des Regenwalds konzentrieren. Wenn er verschwindet, dann verschwinden auch wir."

Foto: AP/Francois Mori

Im Gespräch mit Stephan Hilpold mahnt Vivienne Westwood die Mode zu mehr Verantwortungsbewusstsein.

Standard: Welche Themen liegen Ihnen derzeit am Herzen?

Vivienne Westwood: Mein wichtigstes Thema ist nach wie vor der Klimawandel. Ich kann aber nicht in jeder Kollektion darauf zurückkommen, deswegen versuche ich, mit meiner Mode den Frauen jene Stärke zu geben, die sie brauchen, um den Widerwärtigkeiten der Zukunft standzuhalten. Mein Ratschlag ist: Widerstehen Sie den Versuchungen, kaufen Sie nur das, was sie wirklich brauchen, und tragen Sie die Kleider, bis sie auseinanderfallen.

Standard: Kaufen wir zu viel?

Westwood: Viel zu viel. Es gibt zu viele Produkte, zu viele Magazine, so viele Medienveranstaltungen. Konzentrieren wir uns doch wieder auf das, was wichtig ist!

Standard: Das wird die Modeindustrie ungern hören ...

Westwood: Darum geht es mir nicht. Es geht um die Position von Frauen. Sie waren historisch immer die Säulen jedweder Kultur. Männer waren Pioniere, aber Frauen verkörpern für mich die zivilisatorische Kraft. Sie nahmen in der Geschichte weitaus größere Verantwortung wahr als Männer.

Standard: Sie klingen eher wie eine Aktivistin denn wie eine Designerin.

Westwood: Jemand muss einfach etwas tun, und damit meine ich nicht nur die NGOs, sondern in erster Linie Regierungen. Ich möchte mich auf die Erhaltung des Regenwalds konzentrieren. Wenn er verschwindet, dann verschwinden auch wir. Meine Taktik ist, beständig darüber zu sprechen und so viel Geld als möglich aufzutreiben.

Standard: Und die Mode?

Westwood: Um sie kümmere ich mich Tag und Nacht, aber wenn die Modeschau vorbei ist, schmeiße ich mich mit ganzer Kraft in mein Regenwaldprojekt. Es ist doch verrückt, dass wir Menschen uns nicht darum kümmern, was in 50 Jahren sein wird. Wer weiß, ob es dann noch Phosphor gibt oder Bienen?

Standard: Was kann die Mode konkret tun? Ökostoffe verwenden?

Westwood: Natürlich, das ist wichtig. Aber noch wichtiger ist, dass sich Frauen wieder ihrer wichtigen Rolle in unserer Zivilisation bewusst werden, sie müssen Kinder großziehen, ihnen wieder mehr vorlesen.

Standard: Ihr Kommentar zum Fall Galliano?

Westwood: Ich möchte dazu nur so viel sagen: Menschen werden durch Erfahrungen klüger. John ist ein wunderbarer Mensch, wir waren alle sehr verwundert über seine Worte. Ich bin sicher, dass es ihm sehr schlecht geht. So hoch zu steigen und dann so tief zu fallen. Es war sehr wichtig, dass er sich entschuldigt hat. (Stephan Hilpold, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10.03.2011)