Männer in der Rolle ihres Lebens? Die Mehrheit der Väter hat sich bisher vornehm zurückgehalten.

Foto: Cover GEO

Wir leben in Zeiten, in der der Vater eine permanente Werbeeinschaltung genießt. Nachdem in Deutschland der uneheliche Vater mit der Mutter gleichgestellt wurde, gibt es - eh klar - auch in Österreich Diskussionen darüber, wie der "natürliche Zustand" von der beider-elterlichen Betreuung und Fürsorge verwirklicht werden könnte - aber ist das nicht schon ein Widerspruch in sich?

Um die Interpretation der Wortergüsse unserer tapferen Väter-Ministerin Bandion-Ortner soll es hier aber eigentlich nicht gehen, vielmehr um das Begleitrauschen im Zuge der Eltern-Rechte-Neu-Regelung in den Medien.
Neben den vielen Schadensmeldungen, die über ausgeschlossene Väter und geschädigten Nachwuchs an unser Ohr drängen, verdient das Magazin "GEO Wissen" , das sich in seiner aktuellen Ausgabe mit dem Thema "Väter" beschäftigt, eine besondere Würdigung. Immerhin handelt es sich bei GEO um DAS Organ der anspruchsvollen Populärwissenschaft.

Vorab: Es wäre ein Leichtes, die Väter-Ausgabe rundherum abzulehnen. Dafür sorgt schon einmal die Verpackung, die (gegen Aufpreis) mit dem unsäglichen Film "Der entsorgte Vater" von Douglas Wolfsperger ausgestattet ist. In der Ausgabe selbst kommt dieser dann auch noch zu Wort, etwa in dem Artikel "Wenn Krieg herrscht um die Kinder", eine einseitige Tirade gegen egoistische Mütter, die dem biologischen Vater aus Rache das Kind vorenthalten - wir haben uns schon daran gewöhnt, dass in solchen Reportagen keine einzige betroffene Mutter zu Wort kommt. Zu lesen ist darin auch von dem sogenannten "Parental Alienation Syndrome", das ähnlich dem "Post Abortion Syndrome" mehr über die ErfinderInnen als die angeblich Betroffenen dieser Störung aussagt. So lässt sich die bittere Pille der emotionalen Ablehnung durch das eigene Kindes noch in ein wissenschaftliches Schema pressen, auf das man von außen Einfluss nehmen kann.

Einfach bessere Menschen

In der Ausgabe wimmelt es zudem von meist nicht ausgewiesenen Studienergebnissen, die die umfassend positive Wirkung von engagierten Vätern belegen soll: Im Einführungstext "Wie Väter ihre Kinder prägen" erfahren wir: "Im Durchschnitt sind diese Kinder (von engagierten Vätern, Anm.) einfühlsamer, selbstbewusster, verfügen über eine bessere Selbstkontrolle und sind intelligenter als der Nachwuchs von weniger präsenten Männern." Diesen Traum-Nachwuchs könnten wir in Zeiten des globalen Wettbewerbs doch ganz gut gebrauchen, oder?

Sehr problematisch ist schließlich der Beitrag von Ute Eberle, in dem es großteils um die evolutionsbiologischen Aspekte der Vaterschaft geht. Sie verweist ebenfalls auf "zahllose Studien", die belegen, dass Töchter von engagierten Vätern nicht nur "mehr Selbstvertrauen haben, seltener Drogen nehmen und sozial oft besonders kompetent agieren", nein, sie reagieren auch entwicklungstechnisch wünschenswert auf die Präsenz des Vaters: So bekommen Töchter von präsenten Vätern ihre erste Menstruation angeblich später als ihre vaterlosen Kolleginnen und werden auch erst später sexuell aktiv. Weiters heißt es: "Möglicherweise steckt dahinter ein uralter biochemischer Mechanismus, bei dem die Duftstoffe des Vaters die Geschlechtsreife der Tochter verzögern, um Inzucht zu vermeiden. Die Anwesenheit eines Stiefvaters dagegen beschleunigt die sexuelle Reifung." Schluck.

Vater als Beschützer?

Andererseits finden sich in der Ausgabe aber auch andere Beiträge, die ein erstaunlich differenziertes Bild zu (biologischer) Vaterschaft zeichnen. Zu einseitig sei die Vorstellung des Vaters als "Beschützer", körperlicher Bändiger und Welterklärer von Kindern, Väter können auch fürsorglich und emotional kompetent auf das Kind einwirken, heißt es da. Soll das etwa heißen, dass Mütter und Väter doch vom selben Stern kommen?

Viele der biologistischen Argumentationsweisen werden zudem in dem Artikel über die Volksgruppe der Mosuo im Südwesten Chinas konterkarriert. Die Frauen dort leben mit ihren Kindern und ihren eigenen männlichen Verwandten zusammen, während die biologischen Väter in der Aufzucht der Kinder nur eine marginale Rolle einnehmen.
Die Ausgabe porträtiert zudem eine österreichische Gerichtspsychiaterin, die sich mit sexuellem Missbrauch durch (mehrheitlich) Väter beschäftigt und es kommt ein Mann zu Wort, der in den 1980ern Samen gespendet hat und heute biologischer Vater von geschätzten 400 Kindern ist.

Alles in allem findet sich in dem Heft also eine wilde Mischung an Vater-Impressionen, die nichts anderes ausdrückt als die vielfältige Deutbarkeit von Vaterschaft in einer globalen Welt. Die vielbeschworene Krise der Männlichkeit ist auch eine der Väter und ihrer neuen Rolle in geschlechteregalitäreren Zeiten, davon zeugen diese Diskussionen. Die Werbung für Vaterschaft nervt zwar ziemlich, aber sie kann der Sache auch gut tun. Vielleicht kommen die freigesetzten Väter nach dem vielen Jammern und zur Schau gestellten Leiden ja irgendwann auch zum Nachdenken. (Ina Freudenschuß, dieStandard.at, 15.3.2011)