Kurt Mitterer: "Die große Klammer stellt die Kommunikation dar."

Hinweis zur Serie "Gelebte Nachhaltigkeit"

Das Interview ist Auftakt einer Serie von Gastbeiträgen namhafter österreichischer Top-Manager, die im Rahmen der Entstehung des Buches "Gelebte Nachhaltigkeit" interviewt wurden. Es folgen Kommentare zu gelebter Nachhaltigkeit von Friedrich Blaha, Geschäftsführer Blaha Büromöbel; Michael Krammer, CEO Orange; Stefan Krauter, CEO cargo-partner; Heinz Stiastny, Geschäftsführer ÖBB-Postbus.

Foto: Management Impulse

derStandard.at: Sie haben sich in den vergangenen 15 Jahren intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigt. Welche Beobachtungen haben Sie gemacht?

Mitterer: Die vergangenen Jahrzehnte waren von einem Streben nach Prozess - und Ergebnisoptimierung geprägt. Der Mensch - als wesentlicher Bestandteil nachhaltiger Unternehmensentwicklung - ist dabei teilweise in Vergessenheit geraten. Die Volkswirtschaftslehre hat uns fälschlicherweise gelehrt, dass der Markt alles regelt solange sich alle Teilnehmer nutzenoptimiert verhalten. Dahinter stand und steht nach wie vor der Glaube an ewiges Wachstum.

Auf Unternehmensebene hat sich dies natürlich fortgesetzt, was zu einem noch kurzfristigeren Denken beigetragen hat. Nichtsdestotrotz haben sich vor allem in Österreich viele Unternehmen einer nachhaltigen Unternehmensentwicklung verschrieben, welche ein Denken über den Quartalsbericht hinaus zulässt.

derStandard.at: Sie haben auch ein Buch zum Thema herausgebracht. Sind wirtschaftlicher Erfolg und Nachhaltigkeit denn vereinbar?

Mitterer: Entgegen allen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte haben wir eine Verantwortung gegenüber der Natur und unseren Nachkommen. Nachhaltige Unternehmensentwicklung und wirtschaftlicher Erfolg schließen sich nicht aus, sondern sind vielmehr ein Lösungsansatz für viele unserer derzeitigen Herausforderungen.

Wir wollten mit unserem Buch jene Unternehmen vor den Vorhang holen, die im täglichen Tun beweisen, dass man mit einer nachhaltigen Unternehmensentwicklung wirtschaftlich sehr erfolgreich sein kann und die sich des Themas nicht aus Marketinggründen bedienen. Uns war es sehr wichtig kein theoretisches Buch zu schreiben, sondern Impulse liefern, wie nachhaltige Unternehmensentwicklung in der täglichen Arbeit aussehen kann.

derStandard.at: Unternehmenskultur, Authentizität, Struktur, Entscheidungen - alles wichtige Faktoren in der Unternehmenspraxis. Was bedeuten sie  für gelebte Nachhaltigkeit?

Mitterer: Diese Faktoren sind die Kernpunkte der Philosophie einer ganzheitlichen, nachhaltigen Unternehmensentwicklung. Entwicklung, Veränderungswille und Innovation sind persönliche Eigenschaften und Grundlage für Weiterentwicklung. Orientierung und Unternehmenskultur stellen für unser aller Tun und Verhalten den Rahmen dar und sind der Kitt, der eine Gemeinschaft zusammenhält. Authentizität, Entscheidungen und Strukturen bilden die wesentlichen Säulen der Mitarbeiterführung.

Die große Klammer stellt die Kommunikation dar. Nur wenn wir es schaffen miteinander im Sinne eines wertschätzenden Austauschs von Gedanken, Meinungen und Gefühlen zu kommunizieren, ist sowohl die persönliche Entwicklung als auch eine nachhaltige Unternehmensentwicklung möglich. (derStandard.at, 01.04.2011)