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Aus Liebe zum Euro.

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Brüssel - Der EU-Gipfel hat Donnerstagabend in Brüssel Einigkeit über den neuen Euro-Rettungsschirm ("Euro-Stabilitätsmechanismus"; ESM) erzielt. Der permanente Krisenfonds für schwer verschuldete Euro-Länder wird demnach ab Juni 2013 mit einer Kapitalbasis von 700 Milliarden Euro bereit stehen. Die 17 Euroländer zahlen 80 Milliarden bar ein, weitere 620 Milliarden Euro werden durch Garantien oder abrufbares Kapital gedeckt. Deutschland setzte sich mit der Forderung durch, die Einzahlungsfrist für insgesamt 80 Mrd. Euro Stammkapital von Juli 2013 an über fünf Jahre zu gleichen Raten zu erstrecken.

Barroso sieht "Durchbruch"

EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso sprach von einem "Durchbruch". Der neue ESM wird eine effektive Darlehenskapazität von 500 Mrd. Euro haben und soll die Bestnote "AAA" von den Ratingagenturen erhalten, sagte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy. Der derzeitige Euro-Rettungsschirm (EFSF) soll im Juni die volle Darlehenskapazität von 440 Mrd. Euro erreichen, sagte Van Rompuy. Derzeit kann der EFSF maximal 250 Mrd. Euro verleihen, um noch das "AAA" zu bekommen.

Sowohl Barroso als auch Van Rompuy versicherten, dass der EU-Gipfel nicht über einen möglichen Milliarden-Rettungsplan für Portugal gesprochen habe. Der nach dem Scheitern eines Sparpakets zurückgetretene portugiesische Ministerpräsident Jose Socrates habe die Lage geschildert und versichert, dass auch in dem wahrscheinlichsten Fall von Neuwahlen die Ziele zur Budgetkonsolidierung weiter verfolgt werden, wer immer Portugal dann regiere, berichtete Barroso, selbst Portugiese. Es gebe in dem Land einen breiten Konsens über dieses Ziel, aber nicht über die Maßnahmen.

Zinsen für Hilfskredite nicht Thema

Auch über niedrigere Zinsen für die EU-Hilfskredite an Irland sei beim Gipfel nicht gesprochen worden, sagte Van Rompuy. Dieses Thema soll erst von den Finanzministern behandelt werden, wenn die Ergebnisse irischer Bankenstresstests frühestens Ende nächster Woche bekannt seien. Auch die Diskussion über Japan und die Folgen der Atomkatastrophe verschoben die EU-Staats- und Regierungschefs auf Freitag.

Finanziert werden könnte ein Hilfsprogramm für Portugal auch aus dem EFSF ohne Probleme, versicherte Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker. Der Rettungsschirm wäre ausreichend groß. Er habe jedoch keinen Grund, davon auszugehen, dass Portugal bald einen Hilfsantrag stellen werde. Die von den EU-Staaten beschlossene Strategie gegen die Schuldenkrise werde die Finanzmärkte davon überzeugen, dass die Euro-Staaten entschlossen seien, die Stabilität der Währungsunion zu sichern.

Faymann: 450 Austro-Millionen

Für Österreich bedeute die Einigung auf den ESM, dass jährlich 450 Millionen Euro an Kapitaleinlagen fällig werden, die Gesamtsumme auf fünf Jahre beträgt 2,226 Milliarden Euro, erklärte Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) am Freitag kurz nach Mitternacht. Zunächst hätten Italien und Spanien Bedenken geäußert, aber dann doch zugestimmt.

Faymann betonte, dass mit der Regelung das notwendige Triple-A-Rating eingehalten werden könne. Dabei könnten auch die Staaten ihre "Instrumente suchen", wie das geschehen könne. Es sei "in der Formulierung offengelassen" worden, wie man damit umgehe.

Zur Krisensituation in Portugal sagte Faymann, der zurückgetretene Ministerpräsident Socrates habe großen Wert daraufgelegt, dass nicht über den Euro-Rettungsschirm für das Land gesprochen werde. Portugal habe auch nicht um Hilfe gebeten.

Auch Nicht-Euro-Länder im "Pakt für den Euro"

Faymann bekräftigte ferner, dass sich sechs Nicht-Eurostaaten bereiterklärt haben, dem "Pakt für den Euro" für mehr Wettbewerbsfähigkeit beizutreten. Dabei handelt es sich laut Van Rompuy um Polen, Bulgarien, Dänemark, Rumänien, Litauen und Lettland. Dezidiert nicht dabei sind laut Faymann Großbritannien, Schweden, Ungarn und Tschechien. Mit dem Pakt wollen sich die 17 Euro-Länder und die sechs weiteren EU-Staaten freiwillig in der Sozial-, Steuer- und Haushaltspolitik eng abstimmen. Dieser von der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel angeregte Pakt sieht vor, dass jährlich gemeinsame Ziele vereinbart werden. Die Umsetzung ist Sache der nationalen Regierungen. Geplant ist auch eine gemeinsame Bemessungsgrundlage für die Körperschaftssteuer. Sanktionen sind allerdings keine geplant.

Der EU-Gipfel in Brüssel drohte Libyen mit weiteren Sanktionen. "Die Europäische Union ist bereit, weitere Sanktionen zu initiieren und zu beschließen, einschließlich Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Öl- und Gaseinkommen nicht das Gaddafi-Regime erreichen", heißt es in einer vom Gipfel angenommenen Erklärung. Die EU-Staaten würden entsprechende Vorschläge auch dem UNO-Sicherheitsrat unterbreiten. Die EU-Staaten haben erst am Mittwoch in Brüssel eine Ausweitung der Sanktionen gegen das Regime des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi beschlossen, der den Volksaufstand gegen sein Regime blutig bekämpft. Auch die "National Oil Corporation/NOC" ist enthalten. Die Guthaben der Ölgesellschaft sowie "mehrerer Tochterfirmen" in Europa wurden demnach eingefroren und Geschäftsbeziehungen verboten. Die NOC ist unter anderem Partner der Ölgeschäfte der österreichischen OMV in Libyen. Gaddafi müsse sofort die Macht abgeben, damit sein Land rasch auf den Weg hin zur Demokratie gelange, erklärten die EU-Staats- und Regierungschefs. (APA)