Wien - Der Euro-Rettungsschirm sorgt im österreichischen Nationalrat zum wiederholten Mal für heftige Diskussion. In einer Aktuellen Stunde, deren Thema die Freiheitlichen vorgegeben haben, sprach FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache Mittwochvormittag von einer "Massenenteignung der Österreicher", BZÖ-Obmann Josef Bucher von einer "unsäglichen Geldverschwendung". SPÖ und ÖVP sowie die Grünen verteidigten hingegen die von der Union geplanten Stützungsmaßnahmen.

Strache warf der Koalition vor, dass für sie Österreichs Interessen immer an letzter Stelle stünden. Steuergelder würden in Richtung EU verschenkt: "Wir werden zu Schuldnern für Bankrottstaaten auf Lebenszeit." Und die Folge sei, dass die Österreicher dafür mit einem neuen "Riesenbelastungspaket" konfrontiert sein würden. Wirtschaftssprecher Bernhard Themessl ergänzte, dass ja auch die Griechen, Iren und Portugiesen nichts von den Haftungen hätten. Ganz im Gegenteil würden diese durch die Auflagen der Union ebenfalls mit Sparpaketen der eigenen Regierungen belastet.

BZÖ-Obmann Josef Bucher forderte wie auch die Freiheitlichen eine verbindliche Volksabstimmung über das Rettungspaket. Immerhin würden inklusive Zinsen am Ende von Österreich 3,6 Milliarden Euro zu finanzieren sein - Geld, das man in Österreich nicht habe: "Wir zahlen mehr an die EU dafür, dass wir am Ende weniger verdienen dürfen", ärgerte sich Bucher. Nötig wäre eine europäische Kernzone, damit der Euro überlebensfähig bleibe, so Bucher, der das Thema auch noch am Nachmittag in einer Dringlichen Anfrage an Kanzler Werner Faymann (SPÖ) aufs Tapet bringen wird.

Kein Abrücken

Der Regierungschef machte schon am Vormittag klar, dass er vom Rettungsschirm nicht abrücken werde. Eine gemeinsame stabile Währung habe besondere Priorität, alleine schon wegen der notwendigen starken Handelsbeziehungen. Nicht umsonst habe man die Krise so gut bewältigt. Mit einem Abschied vom Euro würde Österreich in eine "katastrophale Isolation" getrieben, meinte Faymann kurz unterbrochen vom BZÖ, das mit Taferln "Genug gezahlt" auf sich aufmerksam machte. SP-Klubchef Josef Cap warf der FPÖ vor, mit dem Schicksal Österreichs zu spielen. Es sei unverantwortlich, sich gegen die gemeinsame Währung zu stellen.

Stabile Währungsverhältnisse bedeuteten Export und damit auch mehr Arbeitsplätze, argumentierte VP-Finanzsprecher Günter Stummvoll. Der Euro habe sich schon mehrfach bewährt, ständige Abwertungen gehörten der Vergangenheit an, die Inflation sei deutlich niedriger geworden. Gleichzeitig machte er klar, dass die Hilfen der Union für die Krisenstaaten "keine Hängematte sondern ein Fangnetz" seien.

Auch die Grünen wollten den geplanten Rettungsschirm nicht ganz schlecht reden lassen. Ihr Abgeordneter Alexander Van der Bellen wies darauf hin, dass die österreichischen Gelder nicht automatisch verloren seien, da es sich ja um Kredite handle. Weiters zu beachten: diese Kredite hätten bei der Bedienung Priorität gegenüber privaten Gläubigern. Zudem bleibe Österreich Handlungsspielraum, erfolge auf europäischer Ebene der Beschluss, ob der Schutzschirm (ESM) überhaupt tätig werde, doch einstimmig, was dem österreichischen Finanzminister ein Vetorecht gebe.

Dringliche

Dem BZÖ war der Vortrag von Kanzler Faymann zum Euro-Rettungsschirm in der "Aktuellen Stunde" des Nationalrats am Mittwoch nicht genug. Das Bündnis stellt den Regierungschef am Nachmittag in einer "Dringlichen Anfrage" noch einmal zur Rede. Unter anderem soll der Kanzler erklären, wo Österreich derzeit bei den Stabilitätskriterien liegt und wie er auf die Idee kommt, dass die vom Rettungsschirm profitierenden Staaten jemals die Kredite zurückzahlen können.

Begründet wird die "Dringliche" mit einer Weigerung Faymanns, im Nationalrat eine Erklärung zu den Euro-Plänen der Union abzugeben. Das BZÖ macht dabei gleich wieder klar, dass man vom Vorhaben der Union nichts hält. Mit den 4,5 Milliarden, die Österreich aufzuwenden habe, könnte der Koralmtunnel fast zur Gänze finanziert oder zwei namhafte Steuerreformen umgesetzt werden, argumentiert das orange Bündnis.

Keinesfalls werde eine "Transferunion" funktionieren, in der manche Staaten ihren Haushalt in Ordnung brächten und die undisziplinierten Länder unterstützen. Das Ende einer solchen Entwicklung wären unweigerlich höhere Schulden und ein weicher Euro. Als besonders seltsam empfindet es das BZÖ, dass Staaten in Zahlungsschwierigkeiten wie Griechenland sogar mehr zum Rettungsschirm beitragen müssten als Österreich: "Damit führt sich das beschlossene Abkommen ad absurdum, weil schon heute klar ist, dass diese Zahlungen nicht geleistet werden können."

Insgesamt gilt es für Faymann oder einen allfälligen Vertreter, 24 Fragen zu beantworten. Mit einigen davon weicht das BZÖ vom eigentlichen Thema ab und sich dem Auto zu. So soll der Kanzler kundtun, ob er bereit wäre festzulegen, dass der Verbraucher-Endpreis für Treibstoffe auch dann nicht steigen darf, wenn die Rohstoffpreise anziehen. Ferner wird er aufgefordert, überplanmäßige Tankeinnahmen über die Mehrwertsteuer steuerlich auszugleichen. 

Häme für Bucher

 

Mit Spott haben SPÖ und Grüne im Nationalrat auf die Dringliche Anfrage reagiert. BZÖ und FPÖ erneuerten dagegen ihre Kritik am finanziellen Einspringen Österreichs. Für die ÖVP gab sich der außenpolitische Sprecher Wolfgang Schüssel selbstkritisch. Man hätte die Opposition mit einer Mitteilung im Parlament über die Entscheidungen auf EU-Ebene einbeziehen sollen.

SPÖ-Klubobmann Josef Cap bezeichnete BZÖ-Chef Josef Bucher als "Prediger der Hoffnungslosigkeit", der von seiner Herkunft aus der Privatwirtschaft rede, aber an kommunistische Planwirtschaft gemahnende Maßnahmen verlange. "Kaum sind Sie da, springen Sie herum, werden Apokalyptiker, und ich werde ganz traurig", spottete er.

Häme hatte auch der Grüne außenpolitische Sprecher Alexander Van der Bellen für Bucher übrig. Kaum habe er die Wirtschaftspartei-Ansage des BZÖ ernst genommen, verlange dieses stabile Spritpreise trotz steigender Rohölkosten. Dies mute geradezu "sowjetisch" an, so der Grüne.

BZÖ-Abgeordneter Ewald Stadler kritisierte die Abwesenheit der für ihn hauptverantwortlichen ÖVP-Regierungsriege. Einen Unterstützung des BZÖ, aber auch der Freiheitlichen für die im Parlament notwendige Zweidrittelmehrheit für den Schutzschirm schloss er aus. Johannes Hübner (F) meinte, dass Länder außerhalb der Eurozone ohne nennenswerte Währungsprobleme durch die Krise gekommen seien. Er verlangte erneut eine Volksabstimmung über das Rettungspaket.

Ex-Kanzler Schüssel, der vergangene Woche in der Atomenergie-Sondersitzung trotz Kritik an seiner Aufsichtsratstätigkeit beim deutschen Energiekonzern RWE eisern geschwiegen hatte, konnte sich diesmal eine kleine Spitze nicht verkneifen. Er finde es "absolut korrekt, dass wir jetzt über Laufzeitverlängerungen reden", sagte er - bezogen war dies aber nicht auf deutsche Atomkraftwerke, sondern auf die Finanzhilfe für Griechenland. (APA)