Wien - "Dass eine hohe Abgabenquote das Wachstum senkt, gilt wie ein Naturgesetz", ärgert sich Otto Farny. Der Finanzexperte der Arbeiterkammer hat nun eine Studie erfasst, mit der die Bedeutung der Abgabenlast relativiert wird. Es beginnt schon einmal mit der Vergleichbarkeit: Die Schweiz wird für hohen Wohlstand und niedrige Steuern und Sozialbeiträge gelobt. Doch Farny verweist darauf, dass die Pensionsbeiträge zwar obligatorisch sind, aber wegen des privaten Charakters der Anbieter nicht dem Staat zugerechnet werden.

Aus Sicht der Bürger spiele der Unterschied keine Rolle, "weil in beiden Fällen das Geld weg ist". Auch im Gesundheitswesen spielen private, aber verpflichtende Zuwendungen eine Rolle. Die Schweizer Abgabenquote würde bei Berücksichtigung dieser Faktoren um neun Prozentpunkte steigen und läge nur noch knapp unter der österreichischen, heißt es in der Studie.

Weitere Beispiele sind kommunale Dienstleistungen, die in Österreich über Gebühren, in anderen Ländern stärker privatwirtschaftlich organisiert sind. Für den Bürger sei der Unterschied letztlich nur einer des anderen Erlagscheins, kommentiert Farny. Relevant sind demnach auch unterschiedliche Systeme der Familienförderung. Basiert sie auf Absetzbeträgen, drückt das die Abgabenquote nach unten. Dominieren Beihilfen die Familienpolitik, bläht das die Rate auf, ohne dass es inhaltliche Unterschiede gäbe.

Die Arbeiterkammer kommt allein schon durch die Betrachtung der statistischen Verzerrungen bei Pensions- und Gesundheitswesen zu dem Ergebnis, dass Österreich bei der Abgabenquote im Mittelfeld der OECD-Staaten liege. Würde man auch die kommunalen Dienste und die Familienhilfen berücksichtigen, verbessere sich die Position weiter. Doch selbst wenn die Vergleiche adaptiert werden, ändere das nichts an der mangelnden Aussagekraft in Bezug auf Wachstum. Wichtiger als die Höhe der Abgaben sei deren Verwendung, schlussfolgert die AK. Denn von Investitionen in Bildung und Forschung oder der Erhöhung der privaten Nachfrage gingen nachweisbar positive Impulse aus.

Letztlich gebe es auch bei den Abgaben unterschiedliche Zusammensetzungen, wobei laut OECD Gewinnsteuern am schädlichsten für Wachstum sind, Vermögenssteuern am verträglichsten. Österreich sei gerade bei Kapital und Vermögen ein "Tiefststeuerland", kritisiert Farny. Spekulation sollte daher höher, Arbeit niedriger besteuert werden. (as, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 31.3.2011)