Graz - Die Entlassung Peter Weibels als Chefkurator der Grazer Neuen Galerie sorgt weiter für Aufregung. Die Abberufung der Leiterin der Neuen Galerie, Christa Steinle, ließ den Streit zwischen Weibel und dem Intendanten des Universalmuseums Joanneum, Peter Pakesch, eskalieren. Kritik wird nun von vielen Seiten laut: Elfriede Jelinek protestierte in einem Brief an SPÖ-Landeshauptmann Franz Voves; die Galeristin Grita Insam sowie Künstler wie Martin Walde und Hans Kupelwieser beziehen für Weibel Stellung, der Pakesch einen "autokratischen Führungsstil" vorwarf.

Laut Salzburger Nachrichten zog der Kunstsammler Ernst Ploil aus Protest rund 50 Leihgaben aus dem Joanneum zurück. Gerüchten zufolge erwägt auch das Wiener Belvedere, 95 Werke abzuziehen.

Innerhalb des Joanneum-Kuratoriums teilen sich die Meinungen: Präsident Kurt Jungwirth steht hinter Peter Pakesch, einige Mitglieder wie der Galerist Günter Eisenhut bemängeln, dass "weitreichende Entscheidungen getroffen wurden, ohne sie im Kuratorium vorher zu thematisieren". Eisenhut kritisiert im Standard-Gespräch prinzipiell die "Versäumnisse der Kulturpolitik", die der Neuen Galerie nicht ihre Eigenständigkeit gab und 2003 Pakesch zum Chef des Joanneums und des Kunsthauses machte. Eisenhut: "In keinem Unternehmen wäre denkbar, dass der Chef auch Leiter einer Abteilung ist."

Dem stimmt Forum-Stadtpark-Gründer Emil Breisach zu, der den Abgang "des besten Mannes, den Graz in der Kunst je hatte" beklagt und erzählt, so gehe es "auch allen in der ÖVP, die etwas von Kunst verstehen". Breisach hoffe auf ein Umdenken im Kulturreferat: "Aber da sitzt einer, der sich bei Kunst nicht auskennt." ÖVP-Kulturlandesrat Christian Buchmann kontert: "Die Entlassung ist Sache der Geschäftsführung."

Kuratoriumsmitglied Helmut Konrad wehrt sich gegen Weibels Behauptung, das Joanneum habe zehn Mio. Euro Schulden: "Die Bilanzen sind im Netz abrufbar. Unser Finanzausschuss und ich haben das Sparpaket genau geprüft." Solidarität mit Pakesch bekundet Joanneum-Betriebsrat Bernhard Samitsch. Er warf Weibel in einem offenen Brief vor, die Institution "in Misskredit zu bringen". (cms, DER STANDARD - Printausgabe, 2./3. April 2011)