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Statt mit 21 soll Ökostrom künftig mit 30 Millionen Euro jährlich gefördert werden. Die Solarbranche sieht eine energiepolitische Sonnenfinsternis auf Österreich zukommen. Windkraftbetreiber geben sich alarmiert: Für eine Energiewende sei das zu wenig.

Foto: dapd/Mario Vedder

Die Anhebung der Ökostrom-Förderung geht zulasten der privaten Verbraucher, deren Anteil an der Finanzierung deutlich steigt. Die Anbieter beklagen, dass die Ausbauziele mit der Novelle verfehlt würden.

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Wien - Die geplante Aufstockung der Ökostromförderung wird deutliche Spuren in der Energierechnung der Haushalte hinterlassen. Die privaten Verbraucher beziehen derzeit 38 Prozent des Stroms und zahlen jetzt schon 48 Prozent der auf die Konsumenten überwälzten Ökostromförderung. Mit der Novelle steige der Anteil der Haushalte auf 55 Prozent, hat die Arbeiterkammer berechnet.

AK-Direktor Werner Muhm sieht den Grund dafür vor allem in der Umstellung der Kosten-Obergrenzen ("Deckelung") für die energieintensive Industrie, die von der EU-Kommission als unerlaubte Beihilfe eingestuft wurde. Dass mit der Reparatur eine weitere Entlastung für den produzierenden Sektor erfolge, "geht zu weit", erklärte Muhm im Gespräch mit dem STANDARD. Kein Problem hat die Arbeiterkammer hingegen mit den Maßnahmen zum Ausbau von Windkraft und Photovoltaik. Dagegen ärgert sich Muhm über den in Aussicht gestellten "Betriebskostenzuschlag" für Biogasanlagen von vier Cent je Kilowattstunde: "Das ist eine reine Agrarförderung."

Zitterpartie im Nationalrat

Doch auch die Ökostrombranche, Umweltorganisationen und die Opposition sind auf den Barrikaden. Was die Novelle, für deren Verabschiedung es eine Zweidrittelmehrheit im Nationalrat braucht, zur Zitterpartie macht.

Gerhard Heilingbrunner sieht mit dem von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner ausgeschickten Entwurf nur die Wirtschaftslobby bedient. Österreich verpasse die Chance auf eine Energiewende, klagt der Präsident des Umweltdachverbands, der 38 Organisationen vereint. Das Ziel, Österreich atomstromfrei zu machen, werde klar verfehlt.

In Rage sind zum einen Windkraftbetreiber. Ihr geplanter Ausbau bis 2015 von 700 Megawatt unterlaufe die verbindliche Vorgabe des nationalen Aktionsplans für erneuerbare Energien. Gar keine Ausbauziele gebe es mehr für den Solarstrom. Die von Mitterlehner vorgesehene höhere Tarifförderung sei in der energiepolitischen Diskussion "nicht einmal die Absonderung einer Mücke", meint Hans Kronberger vom Bundesverband Photovoltaik Austria.

"Planung wird unmöglich gemacht"

Österreich bewältige mit seinen 33 Megawatt jährlich weniger als ein Fünfzigstel dessen, was Bayern im Vorjahr geschafft habe. Dabei wäre seine Branche mit Sonne in der Lage, bis 2010 acht Prozent des in Österreich nötigen Stroms bereitzustellen, was jeden Atomstromimport erübrige. Qualitätsanlagen ließen sich mit der Novelle keine mehr bauen, jede Planung werde unmöglich gemacht: Ist der jährliche Fördertopf einmal leer, soll ein Antragsverbot gelten.

Mittlerweile gibt es in der Photovoltaik Warteschlangen für Projekte bis ins Jahr 2023. In der DDR habe man nicht so lange auf Trabis gewartet, wie in Österreich auf eine Solaranlage, sagt Kronberger.

Wer privat Strom aus Sonne gewinnen will, erhält heuer staatliche Förderungen von insgesamt 35 Millionen Euro. Für gebäudeintegrierte Photovoltaik-Anlagen in Fertighäusern gibt es weitere 650.000 Euro. Den Grünen ist das zu wenig. Sie fordern eine Aufstockung der Mittel für Häuslbauer-Anlagen auf 100 Mio. Euro.

Sprit-Verteuerung wegen E10

Auch an einer anderen Front zum Thema Erneuerbare geht es rund: die geplante Anhebung der Beimischung von Biosprit auf zehn Prozent im Herbst 2012 (E10). Für die österreichischen Autofahrer bedeute das Mehrkosten von etwa 60 Mio. Euro, warnt Christoph Capek vom Fachverband der Mineralölindustrie. (vk, as, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5.4.2011)