Weit vorgeprescht in der Diskussion um die künftige Machtverteilung in der EU ist am Donnerstag der griechische Außenminister Georgios Papandreou. Im Plenum des EU-Reformkonvents in Brüssel schlug er vor, einen künftigen EU-Ratspräsidenten direkt durch die Bürger der Union wählen zu lassen. Davon abgesehen sprach sich aber eine Mehrheit der Konventsmitglieder gegen die Neueinführung des Amts eines Ratspräsidenten aus.

Obwohl Papandreou seinen Vorstoß in seiner Funktion als griechisches Konventsmitglied machte, erhält seine Wahlidee dadurch Gewicht, dass sein Land derzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat. Bisher hatte sich Griechenland gegen die Abschaffung der sechsmonatigen Rotation der Mitgliedstaaten an der Spitze des EU-Ministerrates positioniert.

Doch mit dem Wahlvorschlag scheint Athen grundsätzlich die Idee eines permanenten Ratschefs zu akzeptieren, die rund 100 der 210 Konventmitglieder ausdrücklich ablehnen - darunter die Vertreter der meisten kleineren EU-Staaten. Das neue Amt müsste - unabhängig vom EU-Verfassungsentwurf, den der Konvent am Ende vorlegt - einstimmig von allen EU-Ländern beschlossen werden.

Für EU-Außenminister

Vor allem die drei Konventsmitglieder aus Deutschland versuchten, eine Kompromisslinie vorzuzeichnen: Demnach sollten die Kompetenzen des Ratspräsidenten eng definiert werden; für Außenpolitik dürfe er nicht zuständig sein. Für die Einführung eines "EU-Außenministers", der zugleich dem Ministerrat und der EU-Kommission zugeordnet ist, gibt es im Konvent eine breite Mehrheit.

Zu Beginn der Debatte am Donnerstag wurde aber klar, dass der Konvent den Staats-und Regierungschefs im Juni noch keinen vollständigen Verfassungsentwurf vorlegen kann. (DER STANDARD, Printausgabe, 16.5.2003)