Josef Pröll war schnell Geschichte. Schon am Buffet vor der Pressekonferenz zu seinem Rücktritt wurde mehr über Nachfolger diskutiert als über das politische Erbe des ÖVP-Chefs, Vizekanzlers und Finanzministers. Die Evaluierung von Prölls Werk ist jedoch für die ÖVP von immanenter Bedeutung für die Auswahl der zukünftigen Köpfe.

Was bleibt: Josef Pröll hat als Finanzminister einen respektablen Job gemacht. Er hat das Land vergleichsweise gut durch die Wirtschaftskrise gebracht. Ob es ein anderer besser gemacht hätte? Aus dem ÖVP-Team vermutlich kaum jemand. Karl-Heinz Grasser, den so mancher aus der ÖVP gerne gehabt hätte, mit Sicherheit nicht.

Die Wucht der Finanzkrise hat Pröll jedoch enorme Ressourcen abverlangt - auch körperliche. Ressourcen, die ein ÖVP-Chef nicht hat, dessen zeitraubende Zusatzaufgabe es ist, gegen die Interessen der Landesfürsten, von denen einer noch dazu der Onkel ist, zu bestehen. Dazu kam noch der Job als Vizekanzler, bei welchem Pröll sich im Dauer-Wettstreit mit Kanzler Faymann als der bessere Staatsmann präsentieren wollte. Die Umfragewerte zeigen, dass er das nicht geschafft hat. Beide haben im rot-schwarzen Gleichschritt Terrain an die Blauen verloren.

Was sollte die Konsequenz sein: Das Machtkonzentrat der Dreifaltigkeit muss bei einer Neuaufstellung der ÖVP zerteilt werden. Die Finanz- und Wirtschaftskrise ist noch nicht ausgestanden. Das ist mehr als ein Fulltimejob für einen Finanzminister. Auch den Vizekanzler könnte eine Person alleine machen. Dass man daraus mehr machen kann, zeigte zum Beispiel einmal ein Erhard Busek. Nun gilt es vor allem DEN Kardinalfehler von Pröll zu vermeiden: bei der Personalwahl nicht auf die Sachkompetenz der Leute zu achten. Das gilt freilich auch für den Job der ÖVP-Führung. Österreich hinkt bei Reformen zur Bildung, Gesundheit, Verwaltung und Pensionen im internationalen Vergleich hinterher. Findet man hier keine kompetente Person, die der Bevölkerung glaubhaft zeigt, dass die ÖVP arbeitswillig und fähig ist, ist der Weg in Richtung Kleinpartei vorprogrammiert. Ob dabei der von der ÖVP abhängige Regierungspartner SPÖ profitieren würde, ist zweifelhaft. Außer Zweifel steht, dass die FPÖ der größte Nutznießer eines schwachen neuen schwarzen Teams wäre. (Rainer Schüller, derStandard.at, 13.4.2011)