Thomas Prantner: "Online ist ja keine Basarware, die irgendwo zugeschlagen werden kann."

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ORF-Onlinedirektor Thomas Prantner wehrt sich gegen die mögliche Auflösung der Onlinedirektion in der nächsten Geschäftsführungsperiode. Zugleich schloss Prantner im Interview nicht aus, sich selbst um den Posten des ORF-Generaldirektors bewerben zu wollen, falls er nicht mehr dem Direktoren-Team des favorisierten und von der SPÖ unterstützten General-Kandidaten Alexander Wrabetz angehören sollte. Sein Ziel sei es jedenfalls, weiter in der ORF-Geschäftsführung zu arbeiten.

"Das ORF-Gesetz schreibt die Reduktion von sechs auf vier Direktionen vor, es steht aber nirgends, welche Direktionen eingespart, abgeschafft oder zusammengelegt werden. Ich glaube, dass das Medium Online weiterhin auf Direktionsebene vertreten sein muss, weil es eine entscheidende Rolle für die Zukunft des ORF spielen wird", so Prantner. ORF-Generaldirektor Wrabetz hatte vergangene Woche indes angekündigt, die Onlinedirektion im Falle seiner Wiederwahl abzuschaffen. Prantner verweist auf die erfolgreiche Arbeit seiner Direktion, die allgemein anerkannt werde. Mit der TVthek habe man eine echte Innovation am Onlinemarkt etabliert und damit einen maßgeblichen Beitrag zur Positionierung des ORF als modernes Multimediaunternehmen geleistet. Die TVthek habe gerade wieder neue Rekordwerte an Videoabrufen erzielt und sei ein Publikumshit, mit ORF.at sei man klarer Marktführer, beim Teletext habe man den Turnaround geschafft und die Vermarktung sei auf gutem Kurs.

"Online ist ja keine Basarware"

Prantner: "Ich gehe davon aus, dass diese objektiven Leistungen auch ein Kriterium bei der Besetzung der künftigen Führungspositionen sein werden. Ob ich dem neuen Direktorenteam angehören werde, entscheidet der Stiftungsrat auf Vorschlag des gewählten Generaldirektors." Für ein Multimediaunternehmen wie den ORF wäre es jedenfalls ein "strategisch falsches Signal, das Zukunftsmedium Online strukturell abzuwerten und irgendwo als Unterabteilung anzusiedeln". Weniger Stellenwert, weniger Budget und weniger innovative Projekte wären die Folge, meint er. "Ich werde versuchen, Überzeugungsarbeit zu leisten, dass es weiterhin einen für Online und neue Medien zuständigen Direktor auf gleicher Augenhöhe mit TV und Radio gibt, im Idealfall Online und neue Medien sogar als eigenständiger Direktionsbereich erhalten bleibt. Online ist ja keine Basarware, die irgendwo zugeschlagen werden kann."

Sollte sich im Vorfeld der ORF-Wahlen im August (Generaldirektor) und September (Direktoren und Landesdirektoren) herausstellen, dass die Onlinedirektion fallen und Prantner einer neuen Geschäftsführung nicht mehr angehören soll, schließt er ein Antreten bei der Generalswahl nicht aus. "Zunächst stehen noch einige Monate Sacharbeit vor uns, die wir für die Umsetzung neuer Projekte, wie die Erweiterung der TVthek und den neuen Onlineauftritt der 'ZiB' benötigen. Sobald die Funktionen ausgeschrieben sind, ist genügend Zeit, die notwendigen Entscheidungen zu treffen. Ausschließen kann und will ich derzeit gar nichts", so der Onlinedirektor. Zur möglichen künftigen ORF-Struktur hat auch Prantner "natürlich Ideen, aber es besteht derzeit keine Notwendigkeit darüber zu reden".

Wrabetz "professionell und erfolgreich"

Wrabetz' Wiederantreten bezeichnet Prantner als "logische Entscheidung", und "er ist aus meiner Sicht der klare Favorit für diese Wahl". Die Zusammenarbeit mit dem ORF-Chef bezeichnet er als "professionell und erfolgreich". Wrabetz habe die von seiner Direktion vorangetriebene Modernisierung des ORF-Onlineangebots und die Umsetzung der zahlreichen multimedialen Projekte immer unterstützt.

Dass RTL-Boss Gerhard Zeiler bei der ORF-Wahl antreten wird, glaubt Prantner hingegen nicht. "Zeiler ist einer der führenden Manager im internationalen Medienbusiness und Österreich kann stolz auf ihn sein. Warum sollte er seine jetzige Position aufgeben und nach Österreich zurückkehren? Es ist wenig überraschend, dass Zeiler zu all diesen kolportierten Spekulationen keinen Kommentar abgibt."

Prantner werden gute Kontakte zu FPÖ und BZÖ nachgesagt. 2006 wurde er von der damaligen Regenbogenkoalition auf Wunsch des BZÖ ins Team von Wrabetz gewählt. Diesmal könnte Prantner auch Unterstützung aus dem bürgerlichen Lager winken, falls in den nächsten Wochen bis zur Wahl nicht noch ÖVP-kompatible Kandidaten auftauchen oder die VP doch noch in Richtung Wrabetz schwenkt. "Ich lehne diese farblichen Punzierungen ab und sehe mich als parteipolitisch unabhängig. Zu den genannten Parteien habe ich die gleiche Gesprächsbasis wie zu den anderen Parteien", weist Prantner parteipolitische Zuschreibungen zurück. (APA)