Wo alles begann: 1985 startete Schanghai VW mit der Produktion in China.

 

Foto: Stockinger

In diesem Land baut der Konzern heute jährlich fast zwei Millionen Autos. Nummer 1 bei Neuzulassungen.

Foto: Stockinger

Im Straßenbild ist die Präsenz von Fahrzeugen aus dem VW-Konzern unübersehbar - und Audi dominiert bei Premium.

Foto: Stockinger

"No pictures allowed! Keine Fotos bitte!" Aufgeregt, als würden hier Kampfpanzer gebaut, Leo II in Geheimlizenz vielleicht, rennt der Aufseher hinter uns Journalisten her, die wir soeben durch die Produktionshallen von Schanghai Volkswagen (SVW) geleitet werden, Presswerk, Schweißwerk, Montage, um zu erleben, wie die größte Nation der Welt sich unter westlicher Anleitung, in dem Fall von VW, endgültig auch zur größten Autonation mausert, zumindest was Neuzulassungen betrifft.

Die Werker im maoblauen Drillich blicken reserviert-interessiert rüber, wer stört?, schon wieder so eine Langnasen-Delegation, kann gar nicht anders sein, die schauen lieber, als dass sie arbeiten, Bürger lasst das Glotzen sein, kein Wunder, wenn wir die in allen Bereichen überholen, und wir, wir bauen einen Volks(republik)wagen. Einen nach dem anderen. Steht eh draußen auf der Fabrik. Lesen!

Im Presswerk dröhnt und rumst es wie in jedem Presswerk, Pressen-Ungetüme von Erfurt und Müller Weingarten lassen vermuten, dass man anfangs noch mit dem real existierenden Bruderland deutscher Zunge kooperierte, zeitlich würde es sogar noch knapp passen: SVW, ein 50: 50-Prozent-Joint-Venture zwischen VW und SAIC, wurde 1984 gegründet, Produktionsstart: 1985.

Sechsfacher Millionär

Damals also legte Europas Autoriese die Basis für einen Erfolg in China, der nur als gigantisch bezeichnet werden kann. Allein bei SVW liefen bisher über sechs Millionen Pkws von den Bändern, darunter die VW-Typen Polo, Touran, Lavida, Tiguan, Passat sowie Skoda Fabia, Octavia, Superb.

Beharrlichkeit führt zum Ziel, das belegen die Zahlen und der Eindruck auf der Straße. Ein psychologischer Effekt kommt dazu: Müssen die Menschen sparen, tun sie dies eher bei Autos japanischer oder koreanischer Provenienz. Den Deutschen, mit denen sie, außer vielleicht beim Boxeraufstand 1900, nie einen Wickel hatten, halten sie die Treue, die tun bekanntlich keinem was zuleide, nicht einmal üblen Despoten.

VW hat also viel erreicht im Reich der Mitte - und hat noch viel mehr vor. Heuer beispielsweise knackt der Konzern die Zweimillionenmarke, der Großteil der Autos wird in China gebaut, nur ein geringer Teil (2010: 77.000) aus Deutschland importiert, auch das ist ein Signal. Die 18 Prozent Marktanteil 2010 - gefolgt von GM (10,5), Hyundai/Kia (8,8), Toyota (6,6), Nissan (5,8) - will man noch ausbauen, auch Audis führende Stellung im Premium-Bereich. Man hat dabei besonders auch die Region um Hongkong und die dort dominanten Japaner ("Little Japan") im Visier, wo VW schwächer ist als um Peking, Schanghai.

Zurück zu SVW. Wir haben natürlich pariert und "no pictures" gemacht in den Produktionsstätten. Dort aber, pssst, uns ein Bild gemacht davon, dass die Standards noch weit vom deutschen Niveau entfernt sind. Beruhigend immerhin. Andererseits: Arbeitskraft ist billig in China. 21. 000 werken hier bei SVW und montieren, fleißig, bis zu 972.000 Pkws jährlich. So. Jetzt kann er ja kommen, der Werkschutz. Wir haben (fast) alle Geheimnisse verraten. (Andreas Stockinger/DER STANDARD/Autommobil/22.04.2011)