Wissenschaftsministerin Beatrix Karl (ÖVP) will vorerst intern reden: "Ich bin kein Schnellschuss-Typ."

Foto: STANDARD/Hendrich

STANDARD: Ihre Vorgängerin Claudia Bandion-Ortner hat es sich mit fast allen wesentlichen Kräften in der Justiz verscherzt. Machen Sie in der Tonart weiter?

Karl: Mir ist es wichtig, das Amt mit Ruhe und Besonnenheit anzulegen und einmal Vertrauen aufzubauen - einerseits Vertrauen innerhalb der Justiz, andererseits Vertrauen der Bürger in die Justiz. Ich halte das für sehr wichtig, denn die Justiz ist von zentraler Bedeutung für die Gesellschaft.

STANDARD: Ist das Vertrauen in die Justiz zerstört?

Karl: Zerstört klingt so dramatisch. Ich würde sagen, das Vertrauen ist zerrüttet.

STANDARD: Was hat das Vertrauen der Bevölkerung zerrüttet?

Karl: Der Fokus der Öffentlichkeit lag sehr stark auf den großen Verfahren. Man konnte den Eindruck gewinnen, dass die Justiz nur aus Großverfahren besteht, wo Prominente beteiligt sind. Das ist natürlich eine sehr verkürzte Sichtweise, die Justiz ist viel spannender und interessanter als das. Das tut dem Ansehen der Justiz nicht gut.

STANDARD: Der Justiz tat vor allem nicht gut, dass man in manchen Fällen den Eindruck gewinnen konnte, Prominente seien vor dem Gesetz gleicher als nicht prominente. Wie sehen Sie das?

Karl: Es ist wichtig, dass alle vor dem Gesetz gleich sein müssen. Andererseits kann es auch nicht so sein, dass durch die mediale Öffentlichkeit Vorverurteilungen getroffen werden.

STANDARD: Ihre Vorgängerin hatte offenbar am Ende selbst nicht mehr den Eindruck, dass alle Bürger vor dem Gesetz gleich sind. Sonst hätte sie nicht die Weisung erteilt, in Sachen Buwog mehr Tempo an den Tag zu legen. Werden Sie auch bei solchen Fällen Weisungen erteilen?

Karl: Die Frage von Weisungen ist zentral und wichtig. Ich möchte nicht medial meine Meinung kundtun, sondern das vorher mit ihnen besprechen und ausloten, welche Argumente gibt es dafür, welche dagegen. Ich möchte gleich zu Beginn viele Gespräche führen - mit Richtern, Staatsanwälten, Justizbeamten.

STANDARD: De facto gibt es die Weisung, dass bis Sommer entschieden werden muss, ob in Sachen Buwog Anklage erhoben wird oder nicht. Lassen Sie das laufen oder machen Sie diese Weisung rückgängig?

Karl: Ich muss mir erst ein Bild machen, Sie werden meine Entscheidung früh genug erfahren.

STANDARD: Wie stehen Sie generell zum Thema Weisungsfreiheit für Staatsanwälte?

Karl: Das ist eben ein Thema, über das ich noch Gespräche führen werde mit den Akteuren innerhalb der Justiz.

STANDARD: Ihre Akteure stöhnen vor allem über Personalmangel. Was werden Sie dagegen tun?

Karl: Ich bin erst seit wenigen Stunden angelobt, und ich muss mir erst ein Bild machen. Ich gehe mit einem Stapel an Unterlagen in die Osterfeiertage und werde mich einlesen. Ich bin nicht der Schnellschusstyp, die Themen sind zu wichtig dafür.

STANDARD: Haben Sie ein Herzensanliegen?

Karl: Da muss ich Ihnen ehrlich gestehen, um über Herzensanliegen nachzudenken, hatte ich zu wenig Zeit. Der Wechsel ist sehr überraschend gekommen.

STANDARD: Sie haben sich auf Arbeits- und Sozialrecht spezialisiert gehabt. Gibt es in diesem Bereich etwas, was geändert gehört?

Karl: Ich hätte da schon einige Ideen. Aber das muss ich mir erst ...

STANDARD: Ein Beispiel wenigstens?

Karl: Ich werde sicher nicht mit arbeits- und sozialrechtlichen Themen beginnen. Anderes ist vorrangig: das Lobbyinggesetz oder Anti-Korruptionsbestimmungen.

STANDARD: Das Lobbyistenregister soll fix und fertig sein.

Karl: Ich werde die Vorarbeiten prüfen und dann entscheiden.

STANDARD: Ein Thema, das Ihre Vorgängerin vergeblich versucht hatte zu pushen, ist die gemeinsame Obsorge. Ihre Meinung dazu?

Karl: Dieses Thema polarisiert sehr stark. Daher braucht es da noch viele Gespräche.

STANDARD: Ihre Privatmeinung?

Karl: Sie werden jetzt nicht meine private Meinung hören.

STANDARD: Ein letzter Versuch: Wie sehen Sie die Einstellung der Eurofighter-Ermittlungen?

Karl: Sie werden in Einzelfragen keine inhaltlichen Antworten bekommen. Für mich ist es wichtig, dafür zu sorgen, dass es keine Gräben und Fronten gibt, sondern vertrauensvolle Zusammenarbeit.

STANDARD: Das kann man als Kritik an Ihrer Vorgängerin verstehen.

Karl: Gar nicht. Ich habe einen anderen Stil.

STANDARD: Werden Sie sich auch in einen Gerichtssaal setzen?

Karl: Sehr gerne, das würde mich natürlich interessieren.

STANDARD: Am 2. Mai hätten Sie dazu Gelegenheit, da wird in Wiener Neustadt das Urteil im Tierschützerprozess verkündet. Die Medien haben das Verfahren scharf kritisiert. Haben Sie das Gefühl, dass da die Staatsmacht übers Ziel geschossen hat?

Karl: Ich kenne nur die mediale Berichterstattung. Und da wurde dies so dargestellt. Auch hier gilt: Man muss sich das näher ansehen. (Peter Mayr, Petra Stuiber, DER STANDARD, Printausgabe, 22.4.2011)