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In den 1990er Jahren lebten bis zu zwölf Braunbären in Österreich. Heute womöglich keiner mehr.

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Linz - Georg Rauer hat wohl schone ruhigere Osterfeiertage verbracht. Der Bärenanwalt vermisst nämlich seit geraumer Zeit seinen Schützling. Ötscher-Bär "Moritz" ist verschwunden. Der letzte Braunbär (Ursus arctos) Österreichs ist nach seiner Winterruhe noch nicht gesichtet worden. "Was ungewöhnlich ist. Normalerweise haben wir um diese Jahreszeit schon mehrere Meldungen, dass Moritz irgendwo konkrete Spuren hinterlassen hat", zeigt sich Rauer im Gespräch mit dem Standard besorgt. Und wenn es das zehnjährige Raubtier in seiner Höhle einfach bärig findet und schlicht verschlafen hat? Rauer: "Nein, ein Bär ist um diese Jahreszeit sicher wach. Und hat normalerweise ordentlich Hunger."

Doch die sonst so beliebten Futterstellen hat Moritz bis dato nicht aufgesucht. "Auch das macht mich stutzig. Er kennt diese Stellen und weiß, dass es dort immer Futter gibt", wundert sich Rauer.

Und doch gibt es einen Hinweis, der aktuell im Labor untersucht wird. Rauer: "An einem Baum im Mariazeller Land, an dem sich Moritz bevorzugt reibt, haben wir Bärenhaare gefunden. Möglich ist aber natürlich, dass sie noch aus dem Vorjahr stammen."

Männliche Wanderlust

Doch vielleicht ist dem Einzelgänger einfach die Unternehmungslust unter den Pelz gefahren. Legen doch vor allem männlich Braunbären nach der Geschlechtsreife oft weite Strecken zurück - in Skandinavien durchschnittlich 120 Kilometer, in Einzelfällen bis zu 500 Kilometer.

"Doch gerade wenn Moritz herumzieht, hinterlässt er oft deutlich Spuren", bleibt der Bärenanwalt skeptisch. Fakt ist: Sollte Moritz tot sein, ist der Braunbär in Österreich zum zweiten Mal ausgestorben. Bereits im 19. Jahrhundert waren die Braunbären schon einmal ausgerottet. Nach einem Wiederansiedlungsprojekt konnten in den 1990er Jahren dann bis zu zwölf Bären gleichzeitig nachgewiesen werden. 2009 gab es mit dem 20-jährigen "Djuro" und dessen damals achtjährigem Sohn "Moritz" nur mehr zwei männliche Braunbären im gesamten Gebiet der Zentralalpen.

Georg Rauer ist daher Realist: "Der Braunbär ist ein Auslaufmodell in Österreich. Es gibt keine Wiederansiedlungsprojekte." Möglich wäre natürlich auch, dass "Moritz" der Liebesfrust aus den heimischen Wäldern vertrieben hat. 2008 wurden dem Salzkammergut-Single drei slowenische Bärendamen versprochen. Die Politik ist bis heute säumig. (Markus Rohrhofer, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22. April 2011)