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Zugvögel unterwegs: Der Ansturm an Arbeitskräften wird sich in Grenzen halten, zeigt man sich überzeugt.

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V.l.n.r.: AMS-Vorstand Johannes Kopf) Statna Tajomnik (Staatssekretärin Slowakei), Ivan Jurás (slowakisches AMS), Wifo-Chef Karl Aiginger Karl Fakler (AMS NÖ), Róbert Komáromi (ungarisches AMS), Lucka ZiZek (slowenisches AMS), Herbert Buchinger (AMS-Chef) und Stefan Duhán (tschechisches AMS).

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Wien - Die Öffnung des österreichischen Arbeitsmarktes ab 1. Mai für die osteuropäischen EU-Mitgliedstaaten, die 2004 der Union beigetreten sind, komme zu einem guten Zeitpunkt, da die größten Probleme der Wirtschaftskrise vorbei seien, meint Wifo-Chef Karl Aiginger. Das Wifo erwartet heuer in Österreich einen Anstieg der Beschäftigung um rund 52.000 Jobs, aus den neuen EU-Staaten sollten zwischen 11.500 und 16.500 Arbeitnehmer kommen - also rund ein Viertel des Zuwachses, sagte Aiginger bei einer Pressekonferenz mit dem Arbeitsmarktservice (AMS) am Mittwoch in Wien.

Österreichs Wirtschaft wachse schon seit acht Jahren in Folge schneller als jene Westeuropas, schilderte Aiginger, was zum Teil auch auf den wirtschaftlichen Aufholprozess in Osteuropa zurückzuführen sei. Dazu komme, dass auch die neuen EU-Mitgliedstaaten auf den Wachstumspfad zurückgekehrt seien: "Sie wachsen bereits stärker als die alten EU-Mitgliedsländer", meinte Aiginger.

Strukturwandel gefordert

Aus einer Wifo-Untersuchung geht hervor, dass in den neuen EU-Staaten nur rund 0,4 Prozent der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter bereit seien, in den ersten zwei Jahren nach Ende der Übergangsfrist in Österreich zu arbeiten. Mittelfristig dürfte das Interesse nachlassen. Um Vollbeschäftigung und Wachstum in einer globalisierten Welt zu sichern, fordert Aiginger "einen starken Strukturwandel durch stetige Weiterbildung, Requalifizierung und eine koordinierte Wirtschaftspolitik".

Die gesetzliche Absicherung des österreichischen Lohnniveaus etwa durch das verabschiedete Gesetz gegen Lohn- und -Sozialdumping sieht Aiginger als ausreichend an. Für die erste Phase nach dem Inkrafttreten empfiehlt er aber verstärkte Kontrollen. Außerdem plädiert er für eine Legalisierung der bisher illegalen Beschäftigungsverhältnisse von Bürgern der neuen EU-Mitgliedstaaten in Österreich. Es werde noch mindestens ein Jahrzehnt dauern, bis sich die Lohnniveaus zwischen Österreich und den neuen EU-Ländern ansatzweise angleichen. Ob ein Ansturm aus Bulgarien und Rumänien zu erwarten sei, hänge davon ab, ob diese zwei Länder die Zeit bis zur Öffnung des Arbeitsmarktes ab 2014 für Wachstum nutzen können.

Ungelernte besser qualifizieren

Für den AMS-Vorstandsvorsitzenden Herbert Buchinger wächst am 1. Mai etwas zusammen, das zusammen gehört. Große Bewegungen von Arbeitskräften wird es seiner Ansicht nach nicht geben. Man wolle die ungelernten Arbeitskräfte weiterhin besser qualifizieren. Das österreichische Lohnniveau sei noch immer höher als jenes in den neuen EU-Ländern, allerdings nehme die Differenz stetig ab, ganz verschwinden werde sie aber nicht, ist Buchinger überzeugt. In Österreich würden derzeit bereits rund 90.000 Personen aus den neuen EU-Staaten arbeiten. So stellte das AMS allein im Rahmen der seit 2008 geltenden Fachkräfteverordnung knapp 18.000 Arbeitsbewilligungen für Fachkräfte aus diesen EU-Staaten aus.

Die Generaldirektoren der tschechischen, slowakischen, ungarischen und slowenischen Arbeitsmarktverwaltung erwarten trotz hoher Lohnunterschiede keinen Ansturm auf den österreichischen Arbeitsmarkt. So erwartet etwa die Chefin der slowenischen Arbeitsmarktverwaltung, Lucka Zizek, dass es zwar zu einem Abfluss der slowenischen Fachkräfte nach Österreich kommen könnte. Allerdings dürfte dies die Gehälter in Slowenien erhöhen.

Die Bereitschaft von Bratislava nach Wien zu pendeln, sei traditionell groß, meinte hingegen Ivan Juras, Generaldirektor der slowakischen Arbeitsmarktverwaltung. Er erwartet einen Abgang der slowakischen Fachkräfte vor allem in den Bereichen Hotellerie, Gastronomie, Bauwirtschaft und Gesundheitswesen. Obwohl das durchschnittliche Lohnniveau in der Slowakei bei rund 40 Prozent des österreichischen liege, erwartet er aber keinen erhebliche Abwanderung nach Österreich.

Wettbewerbsfähigkeit stärken

"Fünf Länder sitzen in einem Schiff", sagte der Generaldirektor der ungarischen Arbeitsmarktverwaltung, Robert Komaromi, in Anspielung auf den Konferenzort, das Schiff "Admiral Tegetthoff". Er wies darauf hin, dass die meisten zugewanderten Arbeitskräfte aus Nicht-EU-Staaten kommen und betonte, dass die Ungarn die geringste Migrationsbereitschaft unter den osteuropäischen Nachbarstaaten hätten.

Sein tschechischer Kollege Stefan Duhan sprach von der "letzten Mini-Barriere" für tschechische Arbeitnehmer, die am 1. Mai in Deutschland und Österreich fallen wird. Dies werde die EU-Wettbewerbsfähigkeit gegenüber etwa den USA oder Asien stärken.

Fachkräftemangel bleibt Thema

Die österreichische Industrie erwartet in den nächsten drei Monaten einen sprunghaft steigenden Beschäftigtenstand, was die Industriellenvereinigung (IV) als Folge der Arbeitsmarktöffnung interpretiert. Der Fachkräftemangel werde durch den Zuzug "nur zu einem geringeren Teil, wenn überhaupt" abgemildert, sagte IV-Generalsekretär Christoph Neumayer am Mittwoch.

hogast wirbt um Fachkräfte aus CEE

Die hogast startet nun als größte österreichische Einkaufsgenossenschaft und Personaldienstleister für Hotel und Gastronomie eine Werbeoffensive für touristische Fachkräfte aus Osteuropa. Die Arbeitsmarktöffnung für acht weitere CEE-Staaten reiche voraussichtlich nicht aus, um die vielen offenen Stellen im Tourismus zu besetzen, teilte die Organisation am Mittwoch in einer Aussendung mit. Das Tourismus-Jobportal www.hogastjob.com soll für zusätzliche Impulse sorgen. (APA/red)