NARR: War's nicht ein Meisterstück, war's nicht der beste Shakespeare, sagt mir, Herr, der momentan zu sehn ist in den österreichischen Theatern? HERR: Der beste, ja, gewiss, der beste Shakespeare. NARR: Ich habe viel gelernt von Shakespeare, seit ich ihn gesehen habe hier in Oberzeiring. Besser dien' ich unsrer Sache nun, ich fühle fast, wie in mir selbst der Narr verschwindet und Ver antwortung zu übernehmen es mich drängt. War's nicht auch ein Meisterstück, wie ich dem Bondy die Subvention gestrichen habe? Zwar: Dreihundertsechzigtausend sind als Summe lä cherlich, dienten vorher jenem wenig und entlasten das Budget nicht, doch in Oberzeiring, wo, Ihr habt es selbst gesehn, der beste Shakespeare - HERR: Der beste Shakespeare, ja. Doch sag mir, Narr, wo ist nun das Hotel, von dem du sprachst? NARR: Da vorn gleich, gleich da vorn, am End' der Straße, und gewiss ein allererstes Haus. Zwar kenn ich's nicht, doch wurde mir versichert - HERR: Ich bin ein wenig müd' von der Pensionsdebatte. Das Schweigen geht mir doch an die Substanz. NARR: Lasst drum an Euer statt mich sprechen, Herr, ich bin noch Narrs genug, den kleinen Weg lang Euch zu unterhalten. Was dem Bondy ich nahm, die lächerliche Summe, schädigt nicht das Festwochenprogramm. Doch in Oberzeiring, Wörgl, meinetwegen Schruns-Tschagguns liest man Dreihundertsechzigtausend anders. In Oberzeiring, wo man - Ihr wisst - den besten Shakespeare - HERR: Besten Shakespeare, ja, den besten Shakespeare. Ruf ein Taxi. NARR: - wo man - Ihr wisst - den besten Shakespeare derzeit gibt, ist man, ich bin sicher, überzeugt, dass dieser beste Shakespeare noch verbessert werden könnt' mit jener Summe, die der Wiener Intendant wutschnaubend fordert und zugleich als lächerlich bezeichnet. Und größer werden wird durch mein Geschick der Hass in Oberzeiring, Wörgl, Schruns-Tschagguns aufs rote Wien, zum Wohle der Partei und der Regierung. Doch damit nicht genug. HERR: Ein Taxi, Narr! Ruf mir ein Taxi! NARR: Taxi! Taxi! Gleich wird's hier sein, gleich. Doch damit nicht genug. Ich ließ auch wissen, dass die Intendanz verständigt worden sei zur rechten Zeit, dass ich am zehnten Vierten einen Brief geschrieben, die Entscheidung kundgetan. Doch seltsam - ei, wie konnte das geschehen? -, er traf erst ein am neunten Fünften! War es meine Schuld? Deutlich war das Datum ja zu lesen auf dem Briefkopf: Zehnter Vierter. Doch der Stempel war vom achten Fünften. Meine Schuld war's nicht, es war die Post, Herr! Einen Monat fast für einen Brief von Wien nach Wien, ist es nicht unglaublich? Raschest ist Privatisierung einzufordern, der Augenblick ist günstig, niemand wird, wenn die Beförderung von Briefen so schlecht funktioniert, Einwände haben. Ist es nicht ein Meisterstück? Der Hass auf Wien geschürt, die Post privatisiert durch einen einz'gen Brief, ist das nicht bester Shakespeare? HERR: Bester Shakespeare, ja. Doch will ich jetzt ein Taxi, Narr. Gibt's denn kein Taxi hier in Oberzeiring? Meine Beine tun mir weh und kein Hotel in Sicht. NARR (ruft): Taxi! Taxi! Gibt es denn kein Taxi hier Oberzeiring? Meinem Herrn tun schon die Beine weh! Ein Taxi! HERR: Taxi, schnell! Ein Königreich - nein, eine Republik für ein Taxi! (Vorhang) (DER STANDARD; Printausgabe, 17.05.2003)