Wien - Die acht Millionen US-Dollar aus dem Umfeld der Abu-Nidal-Terrorgruppe bleiben in Österreich. Vorerst. Der Prozess, ob das im Jahr 2000 beschlagnahmte Geld - rund 5,41 Millionen Euro - nun freigegeben wird, wurde am Donnerstag vertagt. Es wurde die Ladung weiterer Zeugen beantragt.

Ob diese Zeugen überhaupt aufgetrieben werden können, muss zuerst einmal das Büro für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) ermitteln. Richter Peter Liebetreu erklärte nach der Verhandlung, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt wurde, er wolle auf Nummer sicher gehen, damit das Urteil nicht wegen möglicher Verfahrensmängel aufgehoben werde.

Denn die österreichischen Gerichte befassen sich nun schon lange mit diesem Fall. Begonnen hatte es damit, dass am 15. Jänner 2000 eine damals 65-jährige Libyerin in eine Wiener Bank kam und die acht Millionen US-Dollar abheben wollte. Die Frau trug den Spitznamen "die Sanftmütige" und war mit dem früheren Finanzchef von Abu Nidal verheiratet. Das Geld war im Zeitraum 1982 bis 1987 auf das Konto eingezahlt worden. Für Geheimdienstkreise handelt es sich um "Terrorgeld".

Fragen zur weiteren Existenz der ANO

Die Staatsanwaltschaft versucht seither, in einem "Verfallsverfahren" die eingefrorenen Millionen vor dem Zugriff der Libyerin und allfälligen Hintermännern zu "retten". Als Privatbeteiligter hat sich dem Verfahren auch ein Wiener angeschlossen, der 1981 beim Synagogen-Attentat der Abu Nidal-Gruppe ANO verletzt worden war.

Im Sommer 2008 waren die Mittel in einem ersten Prozess bereits freigegeben worden: Ein Naheverhältnis der Libyerin zu einem Terrornetzwerk sei nicht nachweisbar. Die Staatsanwaltschaft legte Rechtsmittel ein, und das Oberlandesgericht verfügte, es müssten tatsächlich Zeugenaussagen genauer überprüft werden.

Bei den Zeugeneinvernahmen am Donnerstag ging es nun um die zentrale Frage, ob zum Zeitpunkt der Beschlagnahmung die ANO noch existierte. Nein, sagen die Vertreter der "Sanftmütigen", die nach ihrer Enthaftung untergetaucht war. Die Gegenseite weist darauf hin, dass es nach der Beschlagnahmung des Geldes neue Terrordrohungen der ANO gegen Österreich gegeben habe. (Roman David-Freihsl, DER STANDARD, 29.4.2011)