Eine fette Kakaoernte und hohe Artenvielfalt schließen einander nicht aus, wie eine aktuelle Studie gezeigt hat.

Foto: Uni Göttingen

Wichtig für eine optimierten Bewirtschaftung der Plantagen ist unter anderem eine angemessene Beschattung der Kakaopflanzen.

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Wien - Eine intensivere landwirtschaftliche Nutzung geht meistens auf Kosten der biologischen Vielfalt. Doch eine satte Ernte schließt Artenreichtum auf bewirtschafteten Flächen nicht automatisch aus, wie eine internationale Studie unter Beteiligung des Wiener Tropenökologen Christian Schulze zeigt. Die Untersuchung unter der Leitung von Agrarökologen der Universität Göttingen konnte nachweisen, dass eine hohe Kakaoernte in Indonesien die Anzahl der Tier- und Pflanzenarten auf der jeweiligen Plantage nicht negativ beeinflussen muss.

Die Wissenschaftler untersuchten sogenannte Kakao-Agroforstsysteme. Das sind Plantagen, auf denen Kakaobäume unter Schattenbäumen angepflanzt werden. Auf den untersuchten Kakaoflächen, deren Erträge sich aufgrund unterschiedlicher Bewirtschaftung stark unterscheiden, zählten sie bis zu 23 Vogelarten, 20 Baumarten und 17 Schmetterlingsarten. Für die Zahl der Arten spielt es jedoch keine Rolle, ob dort jährlich 100 oder 1.000 Kilogramm Kakaobohnen pro Hektar geerntet werden. Hohe Biodiversität ist damit auch auf ertragreichen Plantagen durch entsprechende Bewirtschaftung möglich. Die Ergebnisse der Studie wurden nun in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences of the USA veröffentlicht.

Artenvielfalt und Landwirtschaft

Die Wissenschaftler gingen der Frage nach, ob sich Artenvielfalt auf landwirtschaftlich genutzten Flächen erhalten lässt. "Viele Experten sind der Meinung, dass wir, um die Artenvielfalt nicht zu gefährden, Flächen für Naturschutz und Agrarproduktion getrennt halten müssen, wenn wir die steigende Nachfrage nach Nahrungsmitteln und Energiepflanzen bedienen wollen, ohne die Artenvielfalt zu gefährden", so der Leiter der Studie, Yann Clough.

"Unsere Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass auch bei biodiversitäts-freundlichem Kakaoanbau nicht notwendigerweise ein Produktionsdefizit entsteht. Dies ist wichtig, denn angeblich niedrigere Erträge dieser Anbauform könnten, so wird oft argumentiert, zusätzliche Anreize für die Umwandlung von Regenwald in Agrarflächen schaffen, um die Gesamtproduktion zu erhalten beziehungsweise zu steigern.", erklärt Clough.

Gut beschattet

Eine Schlüsselrolle kommt nach Ansicht der Wissenschafter einer optimierten Bewirtschaftung der Plantagen zu. Dazu gehören unter anderem eine angemessene Beschattung der Kakaopflanzen und das Entfernen von kranken Früchten. "Es geht nicht nur um die Quantität, sondern auch um die Qualität und damit um die Frage, welche Bäume die Beschattung ausmachen", so Schulze vom Department für Biodiversität der Tiere der Universität Wien.

"Derartig Anbaumethoden sind aber im von Schädlingen und Krankheiten geplagten Kakao nur selten zu finden, da viele Kleinbauern auf sich selbst gestellt sind", so Teja Tscharntke, Leiter der Abteilung Agrarökologie der Universität Göttingen. "Industrie und Konsumenten könnten durch die Zertifizierung von biodiversitäts-freundlichem und nachhaltig bewirtschaftetem Kakao eine zentrale Rolle für den Erhalt produktiver wie artenreicher Agrarökosysteme spielen."

Rund 6,4 Millionen Quadratkilometer oder 13 Prozent der landwirtschaftlichen Gesamtfläche werden in den Tropen agrarforstwirtschaftlich genutzt, schreiben die Forscher. Die Übertragung der Ergebnisse auf großräumige Agroforstsysteme ist Schulze zufolge nicht ohne weiteres möglich, da größere Systeme auch andere Probleme mit sich bringen, etwa intensiveren Schädlingsbefall. Doch in Indonesien, ein Kakao-Lieferant mit 15,7 Prozent Weltmarktanteilen, erfolge die Kakaoproduktion überwiegend über den kleinbäuerlichen Anbau. (red)