Bild nicht mehr verfügbar.

Das ungelöste Schuldenproblem Griechenlands macht dem Euro und den Finanzmärkten weiter zu schaffen

Foto: APA/EPA/Panagiotou

Wien - Die Ratingagentur Standard & Poor's hegt immer größere Zweifel an der Zahlungsfähigkeit von Griechenland. Wegen der steigenden Gefahr einer Umschuldung senkte sie die Kreditwürdigkeit für das hoch verschuldete Land am Montag Nachmittag um zwei weitere Stufen von BB- auf B. Damit ist die Bonitätsnote nur noch zwei Stufen von einer Bewertung als "extrem spekulative" Anlage mit substanziellem Ausfallrisiko entfernt.

In Athen will man diese Hiobsbotschaft so nicht hinnehmen: Seit der letzten Herabstufung Ende März habe es keine neuen negativen Entwicklungen oder Entscheidungen gegeben, teilte das Finanzministerium mit. Damit sei die abermalige Herabstufung nicht gerechtfertigt, so das Ministerium.

S&P drohte allerdings gleich weitere Herabstufungen an, indem die Agentur den negativen Ausblick beibehielt. "Nach unserer Meinung gibt es ein steigendes Risiko, dass Griechenland Maßnahmen für eine Umschuldung ergreift", begründete S&P den Schritt. Um die Schuldenlast des Staates auf ein erträgliches Niveau zu senken, müssten die Gläubiger auf mindestens 50 Prozent ihrer Forderungen verzichten.

Euro-Austritt "nicht denkbar", "Unsinn"

Unterdessen wird in der Eurozone weiter heftig um eine Lösung der griechischen Probleme gerungen. Eine Umschuldung oder gar ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone werden dabei kategorisch ausgeschlossen.

Der Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank, Ewald Nowotny, hielte einen Austritt auch für "technisch und ökonomisch nicht denkbar", wie das Nachrichtenmagazin "profil" am Montag berichtet. Aktuell kursierende Planspiele, wonach sich besonders hoch verschuldete Euroländer allenfalls für eine gewisse Zeit aus der gemeinsamen Währung verabschieden könnten, um dann durch Abwertung der Währung die Exporte anzukurbeln, hält das EZB-Ratsmitglied für "Unsinn".

"Die Bürger dieser Länder würden sofort die Banken stürmen, um ihr Erspartes in Sicherheit zu bringen, was dann sofort zum Zusammenbruch dieser Banken führen würde", wird Nowotny zitiert. Dazu komme der Nachteil, dass der ausgetretene Staat seine bestehenden Schulden weiterhin in Euro zurückzahlen müsste. "Und wer würde etwa in griechische Staatsanleihen investieren, die in Drachmen notieren?"

Auch deutscher Wirtschaftsweiser warnt

Vor einer "enormen Kapitalflucht" im Falle eines griechischen Euro-Austritts warnte am Montag auch der deutsche Wirtschaftsweise Peter Bofinger. "Die technische Umsetzung wäre sehr schwierig", sagte er der "Passauer Neuen Presse". Das neue Bargeld müsste erst einmal gedruckt und geprägt, die elektronische Umstellung bewältigt werden. Zudem sei völlig unklar, ob die Schulden Griechenlands in Euro gerechnet oder in Drachmen umgerechnet würden. "Für Griechenlands Gläubiger sind beide Varianten schlecht: Drachmenschulden verlieren massiv an Wert, Euroschulden werden die Griechen mit ihrer abgewerteten Drachme nicht in vollem Umfang zurückzahlen können."

Wiener Finanzministerium: Euro-Austritt "Unsinn"

Auch das österreichische Finanzministerium hält einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone für "den größtmöglichen ökonomischen Unsinn". Der Sprecher des Ressorts, Harald Waiglein, erklärte am Montag, die ganze Diskussion über Umschuldung oder Austritt habe lediglich dazu geführt, dass die Zinssätze für zehnjährige Staatsanleihen extrem gestiegen seien, was wiederum den Weg von Griechenland erschwere, auf den Sanierungspfad zurückzukommen.

Allfällige konkrete weitere Schritte im Rahmen des griechischen Sanierungsprogramms würden beim EU-Finanzministerrat und der vorangehenden Euro-Gruppensitzung in einer Woche diskutiert. Ob bis dahin die jüngste Expertise des IWF (Internationaler Währungsfonds) vorliege, sei noch offen. Die Griechen erhalten aufgrund des ihnen auferlegten Sparprogramms jedes Quartal Besuch einer Mission von IWF, EZB und Kommission, die beurteilt, ob Athen auf dem richtigen Weg ist. Erst dann bekommt Griechenland Ende jedes Quartals die Finanzhilfe der EU und des IWF überwiesen. Das nächste Geld erhalten die Griechen damit Ende Juni, vorausgesetzt Athen hält sich an die vorgegebene strikte Konditionalität und die Mission gibt eine positive Stellungnahme ab.

"Griechen ins Gebet nehmen"

In EU-Ratskreisen hieß es zum jüngsten Geheimtreffen von Finanzministern aus Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien zur Lage in Griechenland vergangenes Wochenende in Luxemburg, es sei dabei auch darum gegangen, die Griechen ins Gebet zu nehmen und ihnen den Kopf zu waschen. Dafür sei ein Treffen im kleinen Kreis gewählt worden. Verärgerung gebe es unter den Eurozonen-Mitgliedern vor allem über die ambivalente Kommunikationspolitik von Athen. So würden immer wieder Gerüchte über eine Umschuldung gestreut, möglicherweise um damit anzudeuten, dass Griechenland seine Sparvorgaben nicht einhalten könne.

Unklar ist deshalb, ob es kommende Woche beim EU-Finanzministerrat neue Auflagen oder eine Änderung des griechischen Rettungsprogramms geben wird. Zuletzt war als eine der Möglichkeiten eine Verlängerung der Laufzeiten ins Spiel gekommen. Von österreichischer Seite hieß es dazu, es gehe einmal darum, Ruhe zu bewahren und abzuwarten, was die nächste Mission bringen werde. Man sollte nicht vorher schon über politische Entscheidungen spekulieren, bevor nicht die Experten ihre Stellungnahme abgegeben haben.

Das Eurogruppen-Treffen bzw. der EU-Finanzministerrat am 16./17. Mai ist der erste offizielle Auftritt der neuen österreichischen Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) in ihrer neuen Funktion. Bei dem Treffen soll auch ein 78 Mrd. Euro schweres Rettungspaket der EU und des IWF für Portugal beschlossen werden. (APA)