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Eine Studie aus dem Jahr 2006 besagt, dass 37 Prozent aller befragten LehrerInnen und SchülerInnen immer oder oft Schimpfworte über Homosexuelle hören.

Foto: APA / HELMUT FOHRINGER

Wien- Im Kampf gegen Homophobie will die Stadt Wien ihre Maßnahmen erweitern. Um Diskriminierung und Gewalt gegen gleichgeschlechtliche Liebe an Schulen zu minimieren, sollen die Themen sexuelle Orientierung und Geschlechteridentitäten künftig fix in der Lehrerausbildung verankert werden. Gespräche mit der Pädagogischen Hochschule (PH) Wien gebe es bereits, versicherte die zuständige Stadträtin Sandra Frauenberger am Donnerstag in einer Pressekonferenz. Bis 2012 will die Stadt - auch im Austausch mit anderen Städten - ein neues Strategiepapier zur Eindämmung von Homophobie formulieren.

Signalisierte "Gleichgültigkeit"

Angehende LehrerInnen sollten ihre Ausbildung nicht mehr abschließen können, "ohne zumindest einmal mit dem Thema konfrontiert worden zu sein", wünschte sich Wolfgang Wilhelm von der Wiener Antidiskriminierungsstelle für gleichgeschlechtliche Lebensweisen (WASt). PädagogInnen wüssten oft nicht, wie sie mit Homosexualität umgehen sollten. Die Folge davon: Viele Lehrer würden den Bereich ausblenden, wobei diese signalisierte "Gleichgültigkeit" für betroffene Jugendliche eine schlimme Erfahrung sei, so der WASt-Experte.

Außerdem komme es zuweilen vor, dass LehrerInnen selbst über Schwule und Lesben "blöde Sprüche klopfen". Deshalb sollte Homosexualität zumindest im Rahmen eines verpflichtenden Seminars Teil der Pädagogenausbildung sein. "Wir gehen davon aus, dass unsere Argumente gut genug sind", hofft Wilhelm auf positive Resonanz seitens der PH. Sie ist zuständig für die Ausbildung aller Volks-, Haupt- und BerufsschullehrerInnen, LehrerInnen an den höheren Schulen werden an den Unis ausgebildet.

Erhöhtes Selbstmordrisiko

Eine Wiener Studie aus dem Jahr 2006 - aktuellere Daten liegen nicht vor - besagt, dass 37 Prozent aller befragten LehrerInnen und SchülerInnen immer oder oft Schimpfworte über Homosexuelle hören. Außerdem greife in 38 Prozent der Fälle von physischer oder psychischer Gewalt selten oder nie jemand ein. Laut Wilhelm haben Jugendliche in ihrer Coming-out-Phase ein bis zu siebenfach erhöhtes Selbstmordrisiko.

Anregungen zu nachhaltigen Strategien gegen Homophobie will sich die Stadt auch im Dialog mit anderen europäischen Metropolen, zum Beispiel aus Berlin, holen. Dort habe das Abgeordnetenhaus 2009 ein 60 Maßnahmen umfassendes Paket beschlossen, berichtete Claus Nachtwey von der Berliner Landesstelle für Gleichbehandlung. Für die Umsetzung macht die deutsche Hauptstadt jährlich 2,1 Mio. Euro locker. In Wien ist die WASt mit einem Budget von derzeit 500.000 Euro pro Jahr ausgestattet.

Wie viel gleichgeschlechtlich orientierte Menschen mit Diskriminierung, Verbalattacken und Gewalt konfrontiert sind, darüber gibt es derzeit noch keine Statistik. Die Polizei spreche von vereinzelten Zwischenfällen, wobei es möglicherweise eine höhere Dunkelziffer gebe, hieß es. Um die Datenlage zu verbessern, plant die Bundeshauptstadt, demnächst eine entsprechende Studie in Auftrag zu geben. (APA)