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Finanzministerin Maria Fekter im Gespräch mit dem Eurogruppen-Vorsitzenden, Jean-Claude Juncker und dem deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble.

Foto: APA/Georges Schneider

Wien - Der luxemburgische Ministerpräsident Jean-Claude Juncker, Chef der Eurogruppe, verteidigt im Ö1-Morgenjournal die Hilfsbemühungen für Griechenland. Kritikern entgegnet Juncker, es gehe nicht darum, Griechenland "durchzufüttern", sondern um die Erhaltung der Stabilität in der gesamten Eurozone. "Wir sind in einer Schicksalsgemeinschaft auf Gedeih und Verderb zusammengekommen." Er sehe keine Alternative zu den Rettungsplänen. Konkret an Österreich gerichtet, sagt Juncker: "Das hat bisher auch die Österreicher keinen Cent gekostet, im Gegenteil, Österreich hat auch Zinsen kassiert von den Griechen. Insofern ist Österreich nicht auf dem Weg ins Armenhaus."

Griechenland verdiene Hilfe, könne aber nur dann Solidarität fordern, wenn eine Vorleistung erbracht wird, so Juncker. Griechenland werde Privatisierungen und Strukturreformen vornehmen müssen, um Wachstumspotenzial zu schaffen. Dann werde man sich mit der Frage beschäftigen, ob es nicht zu einer "leichten Umstrukturierung" der griechischen Schulden hinsichtlich Laufzeiten und Zinssätzen kommen könnte. "Griechenland darf nicht zum schwarzen Loch werden", so Juncker.

Geteilte Meinung in der Politik

Erst gestern hatte auch der heimische Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) im Rahmen der "Dringlichen Anfrage" der FPÖ im Nationalrat die Bedeutung des Euro betont. Ein Zerschlagen des Euro-Raumes hätte in Österreich einen Absturz der Wirtschaftsleistung von fünf Prozent zur Folge, meinte Faymann mit Verweis auf eine Studie. Der Euro-Schutzschirm habe in Österreich zu keinem Sozialabbau geführt. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat einmal mehr moniert, der Rettungsschirm erweise sich "immer mehr als ein Fass ohne Boden".

"Scharfrichter Österreich"

Süffisante Reaktionen zum Thema gibt es am Mittwoch in der Onlineausgabe der "Financial Times Deutschland." Wenn es um Kritik an den Sparbemühungen und der Haushaltslage in Griechenland oder Portugal gehe, sei kaum jemand so harsch im Ton wie Nationalbank-Gouverneur Ewald Nowotny, heißt es in einem aktuellen Bericht. Nowotnys Zitat vom Wochenende, "Griechenland hat die Auflagen zuletzt offenbar nicht ausreichend erfüllt - zu einem Zeitpunkt, als die Wortwahl anderer EZB-Funktionäre noch deutlich zurückhaltender war" dient dem Redakteur als Beleg für diese These. Nowotny hatte gesagt: "Der erste Schritt muss auf der griechischen Seite sein. Erst wenn man hier eine klare Sicht hat, dann muss man überlegen, ob eventuell noch zusätzliche Ergänzungen zum bestehenden Programm notwendig sind." Auch Finanzministerin Maria Fekters Aussage, "bevor Griechenland die Hausaufgaben nicht macht, kann kein Geld fließen. Wenn man sich in den Euro hineingeschwindelt hat, muss man eben jetzt seine Hausaufgaben nachholen", passt den deutschen Kollegen ins Bild.

Spitze Kritik

Was auf den Fuß folgt, ist spitze Kritik. Österreich sonne sich derzeit in dem Gefühl, wirtschaftlich sehr vieles richtig gemacht zu haben. Immerhin gehöre Österreich zu den sechs Euro-Ländern mit besten Noten der Ratingagenturen für seine Staatsanleihen und somit zu den Musterschülern der Haushaltspolitik. Was die Kollegen auch nicht vergessen lobend zu erwähnen: Nach den Zahlen des europäischen Statistikamtes Eurostat steht Österreich bei fast jeder wirtschaftlichen Kennzahl - von Bruttoinlandsprodukt pro Kopf bis zur Arbeitsproduktivität - besser da als der Durchschnitt aller Staaten der Eurozone und erst recht als der Durchschnitt aller 27 EU-Staaten. Den lange kritisch beäugten großen Nachbarn Deutschland hätten die Österreicher in vielen Bereichen abgehängt. Die wirtschaftliche Stärke zeige sich auch daran, dass die Ösis im Ausland gerne um Arbeitskräfte werben - auch in Deutschland. Die Erfolgsstory im Osten wird ebenfalls auf der Habenseite ins Treffen geführt.

Der Bankensektor

Dann stochern die deutsche Kollegen in der alten - und kaum verheilten Wunde: "Genau diese Fokussierung auf Osteuropa brachte aber in der Finanzkrise gewaltige Probleme mit sich." Es folgt der Hinweis auf den heimischen Bankensektor, der unter der Osteuropa-Krise kräftig gelitten hat. Aufgezählt werden einmal mehr Raiffeisenbank International, die Erste Bank oder die ÖVAG, die die Hilfe des Staates in Anspruch nahmen, um sich aus der Krise zu manövrieren und teilweise auch, um zu überleben. Inzwischen habe sich der Bankensektor weitestgehend erholt, wird konzediert, aber auch hier bleibt eine Spitze nicht aus: "Zwar wird auch in der Alpenrepublik die Diskussion um die Rückzahlungen von Staatshilfen geführt. Aber anders als in Deutschland behalten die Häuser ihre staatliche Unterstützung gerne noch bei sich - angesichts niedriger zu zahlender Zinsen und der Sicherheit der staatlichen Garantien." (rb, derStandard.at, 18.5.2011)