Leichtfüßige Erzählung aus einem winterlichen Wien: "Atmen" von Karl Markovics

Foto: Thimfilm

Cannes - Der österreichische Neo-Regisseur Karl Markovics ist für seinen Debütfilm "Atmen" in der renommierten Cannes-Nebenreihe "Quinzaine des Realisateurs" am Freitagabend mit dem Preis "Label Europa Cinema" ausgezeichnet worden. Der bei den Festivals Cannes, Venedig, Berlin und Karlsbad vergebene Preis unterstützt Kinobetreiber, die den Film über längere Zeit im Programm führen. "Atmen" gilt auch als einer der Favoriten für die "Camera d'Or" für den besten Erstlingsfilm.

Mit dem "Label Europa Cinema" ist üblicherweise ein weite Verbreitung des Films in Europa verbunden. Das Label erleichtert die Vertriebsmöglichkeiten für die Verleiher und unterstützt 2.055 europäische Kinoleinwände in 31 Ländern. Vor zwei Jahren war in Cannes auch "La Pivellina" von Tizza Covi und Rainer Frimmel mit diesem Preis ausgezeichnet worden, ein Jahr zuvor hatte Götz Spielmanns "Revanche" in Berlin diesen Preis erhalten.

Mit "Der österreichische Film bleibt weiter auf Erfolgskurs!" leitete Kulturministerin  Claudia Schmied ihre Gratulation an Markovics ein. Einem Publikumsliebling sei damit der Seitenwechsel vom Schauspiel zur Regie geglückt: "Ich hoffe allerdings, dass er uns auch als Schauspieler erhalten bleibt", so Schmied anlässlich der Bekanntgabe der Auszeichnung:  "Als bester europäischer Film und mit dem 'Label Europa Cinema' versehen ist eine breite Verbreitung des Regiedebüts von Karl Markovics in Europa garantiert".

Versuch eines "Remakes von 'Batman'"

 "Atmen" war schon  bei seiner ersten Cannes-Vorführung auf äußerst positive Resonanz  gestoßen. Bei der Fragerunde am Donnerstagvormittag konstatierte der künstlerische Leiter der Quinzaine, Frederic Boyer, dass er den Film für "einen der emotionalsten Filme in der Selektion und einen der stärksten Filme in diesem Jahr in Cannes" halte. Markovics selbst hat sich  über die ersten Reaktionen "unheimlich gefreut". Es habe sich bestätigt, was er immer wollte und wohin er lange gebraucht habe, so der Regisseur, "nämlich dass es nichts Schöneres gibt, als etwas Eigenes zu schaffen und in die Welt zu stellen - und das dann hier ist."

Viel Lob fand vor allem die Bildsprache und die Konstruktion des Films, aber auch die Darsteller Thomas Schubert und Karin Lischka - als die 19-jährige Hauptfigur Roman und dessen Mutter - wurden mit Lorbeeren bedacht. Für Schubert war es gar der erste Film, aber nicht die erste Schauspielerfahrung, wie er erzählte. Diese habe er mit seinem Bruder gesammelt: "Wir haben versucht, ein Remake von 'Batman' zu machen - ich war dabei aber immer Robin." In "Atmen" spielt er nicht den Sidekick, sondern steht in der ersten Reihe und macht seine Arbeit hervorragend, auch wenn etwa die wichtigen Szenen im Schwimmbecken "mehr Sport als gespielt waren".

Markovics schilderte als eine der prägenden Erfahrungen die Zusammenarbeit mit Kameramann Martin Gschlacht, dessen reduzierte Einstellungen dem Film einmal mehr ihren Stempel aufdrücken. "Ich wusste, für diesen Film, der im Außenseitermilieu spielt, will ich Scope-Format, will ich gute Kontraste, will ich satte Farben haben", sagte der Regisseur. "Ich wollte diesen Leuten, denen so viel vorenthalten wurde im Leben, zumindest einen schönen Rahmen geben. Ich wollte, und das ist nicht ironisch gemeint, Hollywood für Arme, und zwar buchstäblich."

Zwischen der Sonderstrafanstalt für Jugendliche in Wiener Neustadt und der Bestattung Wien hat Markovics den größten Teil seines Regiedebüts angesiedelt - unerwartet leichtfüßig, mit viel morbidem Witz und jazzig angehauchtem Soundtrack.  In Österreich ist der Kinostart von "Atmen" für 30. September geplant, für Deutschland wird der Film bis zum Kinostart synchronisiert werden.  (APA/red)