Standard: Wer entscheidet, ob Tierversuche oder Alternativmethoden eingesetzt werden?

Höger: Jeder Wissenschafter muss sich überlegen, welcher methodische Ansatz die beste Antwort auf die gestellte Frage liefert. Es ist die Verantwortung jedes einzelnen Forschers, selbst zu recherchieren, ob es Alternativen gibt.

Standard: Werden an Ihrem Institut Alternativen eingesetzt?

Höger: Ja, wir verwenden Zellkulturen zur Untersuchung der Biokompatibilität verschiedener Materialen. Früher mussten diese Materialien ins Tier implantiert werden. Bevor das Material am Menschen angewendet wird, müssen trotzdem noch Tierversuche gemacht werden. Meiner Erfahrung nach gibt es kein Gebiet, das man ausschließlich in vitro bzw. nur im Tierversuch erforschen kann. Es gibt sogar in der Allergieforschung Methoden, die an Gewebe- oder Zellkulturen stattfinden. Allerdings gibt es bei den Alternativmethoden noch sehr viel Neuland.

Standard: Wie steht es mit der Förderung von Alternativmethoden an den Universitäten?

Höger: Sehr schlecht - obwohl Tierversuche viel teurer sind. Ein chirurgischer Tierversuch kostet etwa gleich viel wie ein Eingriff am Menschen. Die Kosten für das Tier selbst sind da oft gar nicht so hoch. Anders ist die Situation allerdings bei genetisch veränderten Tieren, wenn bestimmte Genkombinationen gekreuzt werden müssen - die könnte man in Gold aufwiegen. Dabei zählt das noch gar nicht als Tierversuch.

Standard: Wie sieht die rechtliche Situation aus?

Höger: Wir haben in Österreich ein eigenes Tierversuchsgesetz. Bei Projektanträgen muss man angeben, ob für die relevante Frage auch Alternativmethoden bekannt sind. Außerdem gibt es eine Ethikkommission an der Medizinischen Universität, von der jedes Tierversuchsprojekt genehmigt werden muss, sowie die Tierversuchskommission des Wissenschaftsministeriums.

Standard: Werden durch diese Gremien viele Anträge abgelehnt?

Höger: Mir ist kein Fall bekannt. Allerdings haben wir in der Ethikkommission schon Anträge quasi an den Start zurückverwiesen.

(DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25. Mai 2011)