Der Froschfisch beherrscht unter anderem Grunzgeräusche und langgezogene Schreie.

Foto: M. A. Marchater

Wer mit offenen Ohren durch die Natur wandert, kann wahre akustische Darbietungen erleben: Vögel zwitschern, Frösche quaken, Hirsche röhren. Die Tierwelt ist voller Geräusche. Anders verhält es sich bei einer Schnorcheltour. Unter Wasser kann man zwar auch die atemberaubende Vielfalt der Natur beobachten - nur: Man hört nichts.

Heißt das, dass Fische stille Zeitgenossen sind, die keinen Mucks von sich geben? Nein. Ganz im Gegenteil. Fische veranstalten einen Heidenlärm. Sie grunzen, trällern und brüllen. Ihr Repertoire ist von beeindruckendem Reichtum. Manche Arten, wie der nordamerikanische Kaulkopf, stimmen regelrechte Arien an, um ihre Partner zu umgarnen.

Große Diversität an Tönen

"Bei Fischen findet man die größte Diversität an Tönen", sagt Frédéric Bertucci, Doktorand am neuro-ethologischen Labor in Saint-Etienne. Er analysiert die Laute von Meerestieren und transformiert sie in hörbare Sequenzen. Denn: Das menschliche Gehör kann Frequenzen nur innerhalb einer gewissen Bandbreite wahrnehmen.

Unser Hörspektrum reicht von etwa 16 Hertz bis 20 Megahertz. Alles, was darunter oder darüber liegt, können wir nicht mehr hören. Mithilfe spezieller Darstellungsformen wie Oszillogrammen lässt sich der Schall aber aufzeichnen und in fonetische Einheiten übertragen.

Wie aber entstehen bei Fischen solche Laute? Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, wie sich Fische artikulieren können. Entweder, sie klappern mit ihrem Kiefer oder sie bewegen ihre Blase. Meeresbiologen haben schon vor längerer Zeit herausgefunden, dass das mit Gas gefüllte Organ nicht nur dem Auftrieb dient - durch das Leeren der Blase werfen die Fische Ballast ab und gelangen an die Oberfläche -, sondern auch als Kommunikationsmittel.

Indem die Fische in kurz aufeinanderfolgenden Intervallen ihre Muskeln anspannen, entstehen Schallwellen. Die Schwimmblase trägt diese Schwingungen weiter - und fungiert damit als Verstärker. Auf diese Weise können Signale an andere Individuen gesendet werden.

Trotzdem ist noch wenig über den Inhalt bekannt. Welche Botschaften übermitteln die Schallwellen? Dieser Frage ging eine Forschungsgruppe der Universität Cornell im US-Bundesstaat New York nach. Ihr Ergebnis, publiziert in den Proceedings der Royal Society B (11.5.): "Die Töne des Froschfischs offenbaren ein Komplexitätsniveau, das mit Vögeln und Primaten vergleichbar ist", sagt Aaron Rice, der Leiter der Studie.

Die Fische sind in der Lage, zwei Töne gleichzeitig zu erzeugen. Wie die Forscher herausfanden, machen sich Fische durch kurzwellige Grunzgeräusche und langgezogene Schreie bemerkbar. Eine solche Simultaneität wohnt auch Vogelstimmen inne. Vögel erzeugen Geräusche zum einen durch die Luftröhre, zum anderen durch die Bronchien. Durch dieses Zusammenspiel entsteht ein spezifischer Zweiklang, mit dem Gruppenmitglieder verständigt werden können. Bemerkenswert: Die Trommelmuskeln eines Froschfischs - sie liegen in der Innenwand der Schwimmblase - schlagen dreimal schneller als die Flügel eines Kolibri.

Ähnlich wie bei Landtieren dienen die Signale dazu, Weibchen anzulocken, das Revier zu markieren oder den Schwarm bei Gefahren in Alarmbereitschaft zu versetzen. Wenn es hart auf hart kommt, können auch Fische mitunter ganz schön laut werden. (Adrian Lobe, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25. Mai 2011)