Bernhard Dworak (ÖVP) fordert mehr Transparenz bei Gebühren und Betriebskosten im kommunalen Bereich, Ruth Becher (SPÖ) sieht das Problem vor allem bei privaten Hauseigentümern.

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Die Nationalratsabgeordnete Ruth Becher (SPÖ) und der Wiener Gemeinderat Bernhard Dworak (ÖVP) diskutierten auf dem Wohnsymposium über gerechte Mieten und überhöhte Betriebskosten. Gerfried Sperl moderierte. 

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STANDARD: Frau Abgeordnete Becher, der Titel der Veranstaltung lautet "Gerecht oder getrieben". Was verstehen Sie unter gerechtem Preis für Wohnen?

Becher: Das Mietrecht ist insgesamt nicht gerecht, auch weil Verträge zu unterschiedlichen Zeitpunkten abgeschlossen werden. Meine Position ist: Es muss Vertragstreue geben. Wichtig aber wäre, dass neue Verträge aus Sicht der Mieter auch durchschaubar sind - dass im Mietvertrag drinnen steht, wofür ich was bezahle. Das wäre ein großer Schritt zur Gerechtigkeit.

Dworak: Ich kann mir die Transparenz als oberste Regel durchaus vorstellen. Also ich würde Gerechtigkeit im Mietrecht durchaus auch ein bisschen von der subjektiven Leistbarkeit sehen. Wenn Menschen sich eine Wohnung auf dem freien Markt leisten können, dann sollen sie sie mieten. Aber wenn jemand es nicht leisten kann, dann hat er Anspruch auf soziale Förderung. Das ist die Verantwortung der Gesellschaft.

Becher: Wir müssen bei der ganzen Diskussion auch immer unterscheiden, um welche Wohnungen es sich handelt. Es gibt Eigentumswohnungen, die unter ganz anderen Optionen gekauft und benutzt werden als Mietwohnungen. Und da gibt's ganz unterschiedliche Preise. Wenn ich im ersten Bezirk etwas miete, werde ich natürlich mehr bezahlen müssen, aber ich möchte auch wissen, wofür - welche Zuschläge hier verwendet werden. Gerecht ist auch, dass nicht Infrastruktureinrichtungen mitvermietet werden. Einmal habe ich auf Wohnungssuche eine Wohnung in Kaisermühlen angesehen, die war im obersten Stockwerk, und dann sagt man mir: 'Jetzt wird die Autobahn überplattet, und dann haben Sie keinen Lärm. Deshalb ist die Miete höher.' Dazu aber hat der Vermieter nichts beigetragen.

STANDARD: Herr Gemeinderat Dworak, worin sehen Sie in der Wohnbaupolitik, die größten Unterschiede zwischen SPÖ und ÖVP?

Dworak: Die Unterschiede sind nicht wirklich gravierend. Wir diskutieren immer die Höhe der Miete in Relation zum Einkommen, die Frage der Leistbarkeit. Neben den Miete kommt da noch etwas dazu, nämlich die Betriebskosten. Und das ist für mich schon ein politisches Thema, weil Staat und Gemeinden die Preistreiber sind. Da gibt es Möglichkeiten, gewisse Begrenzungen einzuführen, damit man nicht endlos bei den Betriebskosten zulangt.

STANDARD: Frau Becher, verlangt Wien zu viel für Müll und anderes?

Becher: Nein. Betriebskosten sind immer Durchlaufposten, und da darf der Hauseigentümer immer nur das verrechnen, was er ausgegeben hat. Das muss ja einmal im Jahr abgerechnet werden, und der Mieter hat auch dann die Möglichkeit, Einsicht zu nehmen. Da könnte ich jetzt stundenlang erzählen, was hier von Privaten verrechnet wird, und natürlich kann es überall auch Fehler geben, aber das ist eine andere Frage. Das sind zum Großteil Gebühren, die vorgegeben sind. Im Mietrecht selbst gibt es sehr wohl unterschiedliche Positionen zwischen den Parteien. So verhandeln wir jetzt seit zwei Jahren die ganz kleine Frage, wer für die Erhaltung der Therme zu zahlen hat, und haben bisher keinen gemeinsamen Nenner gefunden. Wir stehen jetzt kurz davor, dass wir vielleicht doch eine gesetzliche Regelung zusammenbringen. Das hat auch damit zu tun, dass das jüngste OGH-Urteil im Jänner die Position der Mieter vehement gestärkt hat. Aber es existieren unterschiedliche Zugänge, weil verschiedene Interessengruppen die jeweiligen Parteien beraten.

"Kostenbelastungen"

Dworak: Ich möchte noch einmal zum Thema Betriebskosten zurückkommen. Zwar sind Miete und Betriebskosten zwei verschiedene Paar Schuhe, aber es sind beides Kostenbelastungen für die Mieter, und es ist interessant, dass bei der Schlichtungsstelle in Wien neun von zehn Fällen aus dem Bereich des kommunalen Wohnbaus kommen und nur einer aus dem privaten Bereich. Das heißt, hier braucht man klare Regeln. Aber gerade im Mietrecht ist vieles bei den Betriebskosten unklar.

Becher: Ich war auch sehr lange Vorsitzende der Wiener Mietervereinigung, und das Hauptgeschäft dort ist die Überprüfung der Betriebskosten. Natürlich passieren auch bei Gemeinnützigen und bei der Gemeinde Wien Fehler. Es ist immer möglich, dass einmal falsche Rechnungen reinrutschen - oder eine andere Rechtsansicht vorhanden ist. Aber davon hat kein einzelner Beamter und auch nicht die Gemeinde einen Vorteil.

Bei den Privaten ist das anders. Da habe ich etwa einen Fall selbst erlebt und war damit zweimal im Fernsehen: Im 3. Bezirk in Wien hat ein Hauseigentümer namens Scheich jedes Mal eine Scheichpauschale bei den Betriebskosten verrechnet. Das war auch als "Scheichpauschale" aufgelistet. In dem Haus haben das aber nur einige Mieter bestritten, und nur sie haben es dann zurückbekommen. Mit den anderen machte der Hauseigentümer einen Gewinn. Hier müsste es eine Nachbesserung geben: Wenn etwas zu Unrecht verrechnet wird und die Schlichtungsstelle dies feststellt, dann gehört das für alle geregelt und nicht nur für die, die sich beschwert haben. Das wäre ein Vorschlag für mehr Gerechtigkeit. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25.5.2011)