Mit der Absage Gerhard Zeilers als ORF-Generalskandidat scheint Amtsinhaber Alexander Wrabetz einzementierter als je zuvor. Die SPÖ, die sich auf eine weitere Amtszeit von Wrabetz festgelegt hatte, darf sich entspannt zurücklehnen, im bürgerlichen Lager ist hingegen Katerstimmung angesagt. Unterdessen werden bereits erste Personalszenarien für die Periode Wrabetz II kolportiert.

Für den Leiter des ÖVP-"Freundeskreises" im ORF-Stiftungsrat, Franz Medwenitsch, ist der Rückzug Zeilers bedauerlich, wie er am Montag sagte: "Das ist gut für RTL, das ist schade für den ORF und schade für Österreich. Den Zeiler-Verhinderern kann es nicht um die Zukunft und nicht um die Unabhängigkeit des ORF gehen." Ähnlich klingt die Einschätzung des Kärntner Stiftungsrats Siggi Neuschitzer, der dem FPK zuzuordnen ist. "Auf alle Fälle hätte es mir gefallen, wenn ein Medienmanager internationalen Formats, der auf dem Weltklavier spielt, angetreten wäre", sagte Neuschitzer.

Zweiter aussichtsreicher Kandidat gefordert

Er plädiert nun dafür, dass ein zweiter aussichtsreicher Kandidat in den Ring steigt, damit die Wahl kein Durchlaufposten für Wrabetz wird. "Vielleicht tritt ja jemand aus den eigenen Reihen an", spekulierte Neuschitzer. Sowohl Onlinedirektor Thomas Prantner, als auch der kaufmännische Direktor Richard Grasl oder Radiodirektor Karl Amon seien im Fall des Falles ernsthafte Kandidaten. Neuschitzer plädiert unabhängig davon auch dafür, dass Prantner wieder im künftigen Direktorium vertreten sein soll. "Wir würden uns freuen, wenn er den erfolgreichen Weg in der Onlinedirektion fortsetzen könnte."

Auch der unabhängige Stiftungsrat und Kirchenvertreter Franz Küberl ist über die Absage Zeilers unglücklich. "Mir tut es leid, dass er den Hut aus dem Ring genommen hat", so Küberl. "Ich hätte erwartet, dass es eine produktive und hochstehende Debatte über die Zukunft des ORF gäbe." Den von Zeiler kritisierten Einfluss der Parteipolitik in ORF-Fragen sieht auch Küberl zumindest mit Argwohn: "Die Politik hat die Aufgabe, die Rahmenbedingungen für den ORF zu erstellen und nicht den Eindruck zu erwecken, dass die Zukunft des ORF vor allem von einzelnen Pöstchen abhängt."

Für den Grünen Stiftungsrat Wilfried Embacher stellte sich die Frage einer Zeiler-Kandidatur nicht, wie er am Montag betonte. Schließlich habe der RTL-Chef keine inhaltlichen Ansagen gemacht, über die man hätte urteilen können. Allerdings sei die grüne Stimme für den Amtsinhaber auch noch nicht ausgemacht, betonte er. "Wrabetz hat sich mit inhaltlichen Ansagen bisher auch zurückgehalten."

Dass die Grünen in ORF-Fragen stets mit dem dominierenden "Freundeskreis" der SPÖ stimmen, will Embacher so nicht verstanden wissen. Zwar habe man bei der Wahl von Karl Amon als Radiodirektor und der Abwahl von Infodirektor Elmar Oberhauser mitgestimmt, allerdings sei "ein dauerhaftes Abstimmungsverhalten nicht paktiert". Aber man arbeite man der SP-Gruppe im ORF-Stiftungsrat "schon intensiver als mit den anderen" zusammen.

"No Comment" von Pelinka

Der "Freundeskreis"-Leiter der SPÖ im Stiftungsrat, Niko Pelinka, übte sich am Montag in bescheidener Zurückhaltung: "Ich habe immer gesagt, dass ich mich an Spekulationen und medialen Debatten nicht beteilige. Das tue ich auch diesmal nicht."

Ein "No Comment" gibt es von Pelinka auch zu kolportierten künftigen Personalabsprachen in der kommenden Geschäftsführungsperiode. So soll etwa Thomas Langpaul als neuer Innenpolitikchef im Aktuellen Dienst des Fernsehens bereits fixiert worden sein. Hans Bürger, der den Job derzeit innehat, könnte als Landesdirektor nach Oberösterreich wechseln. Als neue Channel-Manager für das ORF-Fernsehen werden Radio-Chefredakteur Stefan Ströbitzer sowie der langjährige Chefredakteur des Landesstudios Burgenland, Walter Schneeberger, der auch Schwager von Medienstaatssekretär Josef Ostermayer ist, gehandelt. Als mögliche Fernsehdirektorinnen wurden zuletzt ORF-Stiftungsratsvorsitzende Brigitte Kulovits-Rupp, die Wiener Landesdirektorin Brigitte Wolf, die WDR-TV-Direktorin Verena Kulenkampff und ORF-Serienchefin Andrea Bogad-Radatz kolportiert. Bogad-Radatz meinte dazu auf Anfrage "kein Kommentar". (APA)