Zagreb - Nach dem Besuch von Papst Benedikt XVI am vergangenen Wochenende in Kroatien bahnt sich eine Diskussion um Abtreibung an, die in Kroatien bis zur zehnten Schwangerschaftswoche straffrei ist. Der Familienbischof der kroatischen Bischofskonferenz, Valter Zupan, forderte in der Sonntagsmesse vor 400.000 Gläubigen die Gesetzgeber auf, "endlich das Gesetz über den Abbruch von menschlichem Leben aus den - so möchten wir glauben - vergangenen Zeiten, zurückzunehmen". Die Diskussion dürfte aber von kurzer Dauer sein, denn keine kroatische Regierung hatte bisher Bestrebungen, Abtreibung zum Thema zu machen oder sie zu verbieten.

Taube Ohren

So rechnen auch kroatische ExpertInnen nicht damit, dass die Politik auf diese Aufforderung reagieren wird. Der Soziologe Branko Ancic sagte in der Zeitung "Jutarnji list", dass die Bevölkerung sehr gut zwischen der politischen und der geistlichen Haltung der Kirche unterschieden, und die politische Haltung ignorieren könne. Religionssoziologe Ivica Mastruko glaubt, dass eine solche Forderung bei einem Teil der Christdemokraten Gehör finden könnte, doch dass diese keine Mehrheit haben würden, um eine Gesetzesänderung zu bewirken.

Laut einer Umfrage von Ancic, sind 81 Prozent der KroatInnen der Meinung, dass sich die Kirche nicht in die Arbeit der Regierung einmischen sollte. In Kroatien bekennen sich etwa 80 Prozent der BürgerInnen zur römisch-katholischen Kirche. 84 Prozent denken, dass sich die Kirche bei Wahlen nicht einmischen sollte. 

Mehrheit für weltliche Kirchenmacht

Die Mehrheit (51 Prozent) der Befragten glaubt, dass Religionsgemeinschaften am öffentlichen Leben teilnehmen sollten und eine offizielle Meinung zu gesellschaftlichen Fragen einnehmen sollten. Ebenfalls die Hälfte glaubt, dass die Kirche Antworten auf Fragen zu Abtreibung sowie gleichgeschlechtlichen und außerehelichen Partnerschaften geben könne. (APA)