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Matthias Schönwandt: "Außer einer garantiert unter 10 Euro teuren Dose Lübecker Marzipans habe ich niemals irgendjemandem irgendein Geschenk gemacht."

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Matthias Schönwandt musste seinen Job als Geschäftsführer der Verlagsgruppe News am 31. Mai nach nur drei Monaten aufgeben: Er habe gegen die internen Richtlinien von Mehrheitseigentümer Gruner + Jahr verstoßen. Schönwandt nahm nun auf STANDARD-Fragen zu seinem Abgang Stellung - soweit es ihm das beim Abgang vereinbarte Stillschweigen über die Causa erlaubt.

STANDARD: Herr Schönwandt, vor zwei Wochen mussten Sie die Geschäftsführung der Verlagsgruppe News überraschend nach nur drei Monaten abgeben. Der Staub hat sich ein bisschen gelegt, die Spekulationen sprießen aber. Warum mussten Sie gehen?

Schönwandt: Als langjähriger Medienmanager muß ich die internen Regeln meines Arbeitgebers Gruner + Jahr kennen, dessen Compliance Regeln dem sehr strengen deutschen Aktienrecht entsprechen. Und wenn diese für Trikotzupfen außerhalb des Strafraumes die rote Karte vorsehen, muss ich das akzeptieren. Darüber hinaus gehende Vermutungen wie eine Unzufriedenheit der Gesellschafter mit meiner Arbeit, wie von einigen Medien kolportiert, sind schlichtweg falsch.

STANDARD: Nach unseren Informationen haben Sie intern an einen relativ großen Mailverteiler Ihren Antrittsbesuch bei Bundestheater-Chef Georg Springer Ende Februar dokumentiert, seine Begeisterung für Ihr iPad und Ihre Überlegungen, dem Wiener Bühnenverein ein paar dieser Tablets zukommen zu lassen, dessen "Bühne" zur Vertragsverlängerung anstand. Dieses Mail soll an die Corporate-Governance-Hüter im Mutterkonzern Gruner + Jahr gegangen sein - und die Maschinerie setzte sich in Gang.

Schönwandt: Ich hatte das Vergnügen, in meinen ersten Wochen nicht nur tolle Mitarbeiter der Verlagsgruppe News kennenzulernen, sondern auch symphatische und sehr kompetente Geschäftspartner. Und außer einer garantiert unter 10 Euro teuren Dose Lübecker Marzipans habe ich niemals irgendjemandem irgendein Geschenk gemacht.

STANDARD: Stimmen unsere Informationen, dass diese Überlegung für iPads nie in die Tat umgesetzt wurde?

Schönwandt: Ich kann nur nochmal betonen, dass ich weder privat noch in meiner Funktion für die Verlagsgruppe News jemals irgendein iPad an irgendjemanden "verschenkt" habe.

STANDARD: Ein Mail über die Idee, einem Kunden iPads zu schenken, reicht also, um den gerade erst angetretenen News-Geschäftsführer abzulösen? Sie haben nicht vielleicht doch in die Kasse gegriffen, goldene Löffel gestohlen, sind Mitarbeiterinnen zu nahe gekommen?

Schönwandt: Es reicht, wenn die internen Regeln so definiert sind und als CEO trage ich besondere Verantwortung für die Einhaltung dieser Regeln. Nein bezüglich der anderen beiden Fragen, es sind noch alle goldenen Löffel in ihren Schränken, und meine wundervolle Ehefrau lässt mich sogar jedes Flirten vergessen.

STANDARD: Womöglich haben Sie sich österreichischen Bräuchen womöglich zu rasch angepasst - aber diese Anpassung mit zu deutscher Gründlichkeit dokumentiert. Waren Sie sich bewusst, dass Sie mit Ihren Überlegungen gegen Corporate-Governance-Regeln des Mutterkonzerns verstoßen? Wohl nicht - sonst hätten Sie sie wohl nicht dokumentiert und durchs Haus geschickt.

Schönwandt: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht, lautet ein Zitat. Ich hätte mich informieren müssen, das war mein ohne Wenn und Aber einzugestehender Fehler.

STANDARD: Wie schafft man es, sich in so kurzer Zeit in einem Unternehmen solche Feinde zu schaffen? Indem Sie die deutsche Unternehmensberatung Schickler ins Haus geholt haben, um, wie es so schön heißt, Prozesse und Abläufe zu optimieren?

Schönwandt: Ich sehe da keinen Zusammenhang. Ich habe die Zusammenarbeit mit Schickler und deren Aufgaben transparent für die Mitarbeiter gemacht, da die Verlagsgruppe News wirtschaftlich sehr erfolgreich ist und absolut kein "Sanierungsfall".

STANDARD: Hat Sie die Härte der Reaktion überrascht?

Schönwandt: Ich hätte mir mehr Zeit für die sorgfältige auch persönliche Aufarbeitung in Gesprächen mit dem Compliance Team gewünscht, habe aber insbesondere meinen direkten Chef, Dr. Torsten-Jörn Klein, in dieser Phase als fairen und sehr verlässlichen Gesprächspartner erlebt, dafür möchte ich ihm persönlich danken.

STANDARD: Waren Sie als Führungskraft bei Bertelsmann und bei Gruner+Jahr schon mit ähnlichen Fällen von Mitarbeitern konfrontiert - und wie gehen Sie mit solchen Fällen wie Ihrem um?

Schönwandt: Ja, leider, und bei mir galt immer der Grundsatz, wer sich selbst bereichert, muss die volle Härte der Strafe bekommen. Wer aber wie ich immer nur das Unternehmen im Blick hat, für den muss es außer bei einer "Blutgrätsche im Strafraum" immer erst eine Verwarnung oder eine gelbe Karte geben. Ein Top-Medien-Manager hat mir dazu einen schönen Satz gesagt: Ein Unternehmen hat in jedem Fall immer auch die moralisch-ethische Gesamtbilanz eines Managers zu berücksichtigen, und die sei in meinem Fall absolut tadellos.

STANDARD: Wie erlebten Sie das Medienecho auf Ihren überraschenden Abgang?

Schönwandt: Alle Medien haben insgesamt die Verhältnismäßigkeit dieser Maßnahme in Frage gestellt, und auch viele Geschäftspartner und Mitarbeiter haben mir ihr klares Unverständnis geäußert.

STANDARD: Gründer der Verlagsgruppe News waren die Brüder Fellner, die noch rund 18,7 Prozent an dem Magazinkonzern halten. Die Fellners taten sich nicht zuletzt durch ihre großzügige Kundenpflege hervor, früher etwa mit Einladungen in Sonderzügen zum Karneval nach Venedig. Deren Zeitung "Österreich" fand gleich noch ein paar Erklärungen für Ihren Abgang: angebliche Verstimmung bei Gruner+Jahr über das neue Design von news.at, das geplante von "News" und über die Gratisverteilaktion von "News" - die man freilich auch von früheren News-Führungen kennt. Haben Sie von Verstimmung darüber etwas bemerkt?

Schönwandt: Nein, alle Gesellschafter haben mir deutlich ihre Anerkennung für die Arbeit der ersten 100 Tage ausgesprochen, aber das spricht sich halt nicht zu jedem rum.

STANDARD: Sie mussten Ihren Job mit sofortiger Wirkung verlassen - was haben Sie nun vor?

Schönwandt: Ich werde zunächst meiner Frau etwas von dem Urlaub zurückgeben, den wir trotz unseres ersten Hochzeitstages wegen der letzten Wochen nicht genießen konnten. Und dann sondiere ich die bereits vorliegenden beruflichen Angebote. (Harald Fidler, DER STANDARD; Printausgabe, 17.6.2011/Langfassung)