Ernster Inhalt, befreit besprochen: (v. li.): Andreas Treichl (Erste Group), Petra Jenner (Microsoft Österreich) und Wolfgang Bergmann (DER STANDARD).

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"Unser System wird nicht überleben, wenn wir keine Verknüpfung zwischen Zivilgesellschaft und Wirtschaft herstellen können", sagt Andreas Treichl, CEO der Erste Group, am Mittwoch bei der zweiten Netzwerkveranstaltung des Standard Mentoring Circle. Damit das gelinge, müsse der Reichtum den Weg der Philantropie, des Social Entrepreneurships gehen, denn sonst habe der Kapitalismus schlechte Chancen zu bestehen, ergänzt er. Der Kapitalismus müsse für Social Entrepreneurship eingesetzt werden. "Sonst wird es uns volle Länge erwischen."

Petra Jenner, CEO von Microsoft Österreich, ist überzeugt, dass das System nur zu ändern sei, wenn man sich der Methoden dieses Systems bediene. Und: "Wenn wir eine starke Zivilgesellschaft hätten, müssten wir über CSR (Corporate Social Responsibility) nicht reden." Aber in einer Gesellschaft, in der es dem Großteil gut gehe, gebe es keinen Handlungsbedarf sich für etwas einzusetzen, fügt sie an.

"Sturzdeppert"

Für Wolfgang Bergmann, Geschäftsführer des Standard, ist "Lügen bei CSR durchaus ein erster Schritt", und er reagiert damit auf die harsche Kritik von Treichl, dass aufgesetzte Einzelprojekte der Unternehmen bei Social Responsibility "sturzdeppert" seien. Denn auch der Ökologiegedanke habe in den Marketingabteilungen der Unternehmen seinen Anfang genommen und sei mittlerweile in den Geschäftsleitungen angekommen, ergänzt Bergmann und übt gleichzeitig Selbstkritik. Die Zeitungsbranche gehöre bei Social Responsibility noch nicht zu den Guten. "In unserer Wertschöpfungskette haben wir die etablierteste Gruppe mit einem hohen Kollektivvertrag und gleichzeitig Zusteller mit den labilsten Rahmenbedingungen. Da gibt es noch viel zu tun", sagt Bergmann.

Das wichtigste Thema sei, so Treichl, dass Menschen ein Gefühl bekommen, wie richtig Geld verdient wird und wie es richtig ausgegeben werden kann. "In Österreich habe ich nicht den Eindruck, dass der Unterschied zwischen ehrlich und unehrlich verdientem Geld verstanden wird." Dieses Gefühl fehle in Europa und den USA. Eine Ausnahme stelle Microsoft dar. "Bill Gates ist einer der größten Philantropen."

Eine Sache der Gene

Dass sei auch der Grund, weshalb Microsoft Social Responsibility in den Genen hat, merkt Jenner an. Dennoch sei es ein großer Spagat, diesem Anspruch auch gerecht zu werden. Als börsennotiertes Unternehmen sei die Gewinnmaximierung ein Ziel. "Das ist aber kein Freibrief für Führungskräfte, so zu handeln, als ob es kein Morgen gäbe", sagt sie.

Die Erste Group ist mittlerweile eines der bekanntesten Unternehmen im Bereich des Social Business, sagt Moderatorin Gabriele Faber-Wiener. Die Bank wurde als solches gegründet, ergänzt Treichel. "Wir haben nichts anderes gemacht als ,back to the roots' zu gehen." Das habe nichts mit Altruismus zu tun. Das sei der Gründungszweck. Großartig Werbung dafür zu machen liege der Bank nicht. "Das ist eine viel zu degenerative Form von CSR. Der Inhalt wird dann nicht mehr gesehen", fügt er an. Als grauenhaft bezeichnet er die Wirtschaftskrise, denn die Länder die jetzt die Wirtschaftsmacht übernehmen, sind bei sozialer Verantwortung und einer Umgebung, in der Social Entrepreneurship entstehen kann, noch ganz weit hinten. "Europa wäre dafür ein guter Nährboden gewesen", fügt er an. (Gudrun Ostermann, DER STANDARD, Printausgabe, 18./19.6.2011)