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Rübig bei der Vorstellung der neuen ÖVP-Abgeordneten der EVP-Fraktion im EU-Parlament im letzten April

Foto: EPA/CHRISTOPHE KARABA

Wien - Die Nebengeschäfte des ÖVP-Europaabgeordneten Paul Rübig werfen immer mehr Fragen auf. Wie "profil" berichtet, ist Rübig Gründungsmitglied der jüngst aus der Taufe gehobenen "European Raw Materials Group", die sich aus 30 EU-Mandataren mehrerer Fraktionen rekrutiert und künftig aktiv in die Rohstoffstrategie der EU eingreifen will, hieß es am Samstag in einer Vorab-Aussendung.

Der Name erinnere frappant an das ebenfalls in Gründung stehende Lobbying-Vehikel der europäischen Rohstoff-Branche "European Raw Materials Club", in welchem unter anderem die auf die Herstellung von Feuerfestmaterialien spezialisierte RHI-Gruppe Mitglied ist. Das geht laut dem Magazin aus einem Bericht des "Corporate Europe Observatory" (kurz: CEO) hervor.

CEO ist eine private Organisation, die den Einfluss der Industrie und Wirtschaft auf die Politik der EU dokumentiert. Bereits im Juni 2010 hatte Rübig für den Verband der europäischen Gipshersteller (Eurogypsum) ein exklusives Galadinner in Straßburg ausgerichtet - samt anschließender Führung durch das EU-Parlament, so "profil".

Rübig sitzt im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie des EU-Parlaments, zugleich ist er Vizepräsident des "European Energy Forums", einer Lobbying-Plattform in der namhafte Öl- und Atom-Konzerne vertreten sind. Mit einigen dieser Unternehmen wickelt er über seine private Handelsgruppe Geschäfte ab, berichtet das Nachrichtenmagazin.

Lobby-Experten und Attac: VP-Abgeordneten in "klarem Interessenskonflikt"

Lobbyismus-Kritiker und die Globalisierungsgegner Attac werfen Rübig nun vor, in einem unvereinbaren Naheverhältnis zur europäischen Rohstoffindustrie zu stehen. Rübig spiele eine "Hauptrolle" in der Gestaltung der EU-Gesetzgebung zum Handel und Abbau von Rohstoffen, zugleich sei er durch Firmenbeteiligungen wirtschaftlich an die Rohstoff-Industrie gebunden, sagte Pia Eberhardt von der NGO "Corporate Europe Observatory" der APA. Der EU-Abgeordnete sei eng mit Vertretern der Industrie und Lobbyfirmen vernetzt, kritisierte Eberhardt vor Bekanntwerden der Vorwürfe am Samstag. Das stelle einen "klaren Interessenskonflikt" mit seiner Arbeit als EU-Parlamentarier dar, da er über seine Firmen am Gewinn der Rohstoffunternehmen beteiligt sei.

"Mr. Rohstoffe"?

Das Ziel des Rohstoff-Netzwerkes in Brüssel sei es, der europäischen Industrie den uneingeschränkten Zugang zu Rohstoffen innerhalb der EU und allen Partnerstaaten zu ermöglichen, ohne dabei Umweltfragen und die soziale Verträglichkeit berücksichtigen zu müssen, sagte Eberhardt. Rübig sei ein zentraler Akteur der Rohstoffpolitik und werde in Branchenmagazinen in Brüssel als "Mr. Rohstoffe" bezeichnet, führe sein Engagement aber nicht einmal auf seiner Webseite an.

Rübig wehrt sich: "Schmutzkübelkampagne"

Der 58-jährige Rübig tritt neben seiner politischen Arbeit als Unternehmer auf. Die Firma Rübig wurde 1946 als Familienbetrieb gegründet und ist in der Schmiedetechnik und der Metallverarbeitung tätig. Der EU-Parlamentarier führt als Beruf auf der Webseite des Europäischen Parlaments "Schmied" an. Mit seinem anderen Unternehmen, Probig, weitete Rübig seine Tätigkeit in den vergangenen zwei Jahrzehnten auf die Erzeugung von Stahlketten und den Handel mit Kunststoffen aus. Auftraggeber von Rübigs Firma sind unter anderem die Mineralölkonzerne BP, Total und OMV.

Rübig sieht in dem Bericht des "Corporate Europe Observatory" den "zweiten Teil der Schmutzkübelkampagne". Er sei wirtschaftlich von den Energiefirmen "überhaupt nicht abhängig" und daher "nicht erpressbar". Sein "Spezialengagement" für die Rohstoff-Branche sei vielmehr notwendig, um die Versorgung Europas mit Ressourcen zu gewährleisten, und damit Arbeitsplätze zu sichern.

Sickinger: "Rübig hat gemacht, was in Österreich gang und gäbe ist"

Die wirtschaftliche Tätigkeit Rübigs und seine politische Arbeit stellten nach österreichischer Praxis keinen Interessenskonflikt dar, sagte der Politologe Hubert Sickinger. "Rübig hat gemacht, was in Österreich gang und gäbe ist."

Das globalisierungskritische Netzwerk Attac forderte bei Bekanntwerden des Berichtes über Rübig "strenge und transparente Regeln" für Lobbyisten in Brüssel. Es sei ein Verbot von Nebeneinkünften nötig, die einen Konflikt mit der eigenen politischen Arbeit darstellten, sowie die verpflichtende Offenlegung von Einkommen, Besitz und Firmenbeteiligungen von Abgeordneten. (APA)