Als vor ziemlich genau einem Monat Li Na die French Open in Paris gewann, ging ein Ruck durch China. Mit dem Matchball war die Tennisspielerin die populärste Sportlerin im Land. Die Massen jubelten ihr zu, und die kommunistische Führung sandte eine leicht verkniffene Stellungnahme mit der Anmerkung aus, dass die 27-Jährige ohne die großartige Unterstützung von Staat und Partei niemals so weit hätte kommen können.

Tatsächlich applaudierten die Chinesen Li Na vor allem auch deshalb, weil sie sich schon vor einiger Zeit vom Gängelband des chinesischen Regimes getrennt hatte, um ihre eigenen Wegen zu gegen. Das ist, zum 90. Geburtstag der KPCh, an dem alles feierlich dem Kollektiv untergeordnet werden soll, ein unerhörter Kontrast zur Propaganda in Peking. Die Partei hat immer recht? Im Tennis offenbar nicht.

Im Reich der Mitte, wo seit Jahrtausenden die Gemeinschaft hochgehalten wird, mag sich die Partei nach dem Sturz der Kaiser als das perfekte Herrschaftsinstrument erwiesen haben. Aber inzwischen, nach 30 Jahren Öffnungspolitik, gibt es viele Chinesen, die sich ihre eigenen Gedanken machen wollen. Die Künstler Liu Xiaobo und Ai Weiwei sind nur prominente Beispiele dafür, dass der Individualismus und die damit verbundenen individuellen (Menschen-)Rechte langsam auch in China ankommen. Das werden auch die Kommunisten nicht so einfach wegsingen können. (Christoph Prantner, STANDARD-Printausgabe, 1.7.2011)