Das Ziel von rund 85 Prozent Ökostrom bis zum Jahr 2020 soll mit dem neuen Ökostromgesetz verwirklicht werden. Auch Stromexporte sollen wieder möglich werden. 

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Wien - Und am Ende hatte das Baby plötzlich viele Väter. SPÖ, ÖVP, BZÖ und Grüne reklamierten in der Nationalratssitzung am Donnerstag für sich, schon immer für Energie aus erneuerbaren Quellen gewesen zu sein und lobten das neue Ökostromgesetz. Nur die FPÖ, die sich in den letzten Verhandlungsrunden noch eingebracht hatte, trug das Gesetz, das eine 2/3-Mehrheit benötigt, nicht mit, verweigerte mit Hinweis auf die Mehrkosten die Zustimmung.

Diese Mehrkosten liegen bei knapp 55 Euro pro durchschnittlichem Haushalt und Jahr, so die Regierungsparteien. Einkommensschwache Haushalte, die keine ORF-Gebühren begleichen müssen, sind davon befreit.

Das Ökostromgesetz war in den letzten Wochen noch kräftig aufgefettet worden. Die neue Gesetzesnovelle sieht vor, dass heuer 50 Mio. Euro für neue Projekte für Strom aus Wind, Sonne und Biomasse bereitgestellt werden. Das Geld für Neu-Projekte soll um jährlich eine Mio. Euro sinken, bis es 2021 dann 40 Mio. Euro ausmacht. Diese Obergrenze für neue Projekte ist gleichzeitig der "Förderdeckel". Zugleich laufen die Förderungen schon früher genehmigter Projekte weiter, sodass die gesamte jährliche Förderung für Ökostrom von jetzt 350 Millionen Euro bis 2015 auf 550 Millionen Euro steigen wird. Aus diesem (größeren) Teil wird bereits bestehenden Ökostrom-Anlagen die Differenz zwischen Strom-Marktpreis und Fördertarif abgegolten, und zwar für Laufzeiten zwischen 13 und 15 Jahre. Johannes Wahlmüller von der Umweltorganisation Global 2000 erläuterte, dass sich diese Differenz in den nächsten Jahren annähern würde, dies sei insbesondere im Bereich Fotovoltaik bald zu erwarten.

Bei der Aufteilung der jährlichen Fördersumme für Neuanlagen sind acht Millionen Euro als fixes Kontingent für Sonnenstrom vorgesehen. Zum Abbau der Warteliste schon beantragter Projekte wird es einmalig 80 Mio. Euro für die Windkraft und 28 Mio. Euro für die Fotovoltaik geben.

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (VP) meinte: "Das ist mehr, als viele erwartet haben." Österreich könne atomstromfrei werden. Es sei gelungen, die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und die Belastung für die Konsumenten im Auge zu behalten.

Kritik an der Höhe

Weniger euphorisch waren Arbeiterkammer und Industriellenvereinigung, die sich grundsätzlich zum Ausbau von Ökostrom bekannten. "Hohe Förderungen alleine sind kein Gütesiegel für effiziente Investitionen", so AK-Präsident Herbert Tumpel. "Als äußerst großzügig" bezeichnete der Vize-Generalsekretär der IV, Peter Koren, das Gesetz. Dies werde zu einem Investitionsschub in Ökostromtechnologien führen, "stellt den Standort aber vor finanzielle Herausforderungen. (ruz, DER STANDARD; Printausgabe, 8.7.2011)