Wien - Dass in der Bundeshymne nur die "Söhne", nicht aber die "Töchter" der Republik erwähnt werden, sorgt wieder einmal für Wirbel. Das Ansinnen, dies zu ändern, ist zwar nicht neu, der Umgang des ÖVP-Klubs mit der langjährigen ÖVP-Spitzenpolitikerin Maria Rauch-Kallat ist allerdings überraschend: Diese wollte Freitagabend, beim letzten Plenum vor der Sommerpause, in ihrer Abschiedsrede aus dem Nationalrat einen gemeinsamen Gesetzesantrag der ÖVP-Frauen und deren Kolleginnen von SPÖ und Grünen auf Änderung des Textes der Bundeshymne vortragen. Dazu kam sie aber nicht, weil der ÖVP-Klub einen männlichen Mandatar nach dem anderen zum Rednerpult schickte und Endlosreden halten ließ, womit keine Redezeit mehr für Rauch-Kallat übrig blieb.

Die Spitze der ÖVP-Frauen, darunter VP-Frauenchefin Dorothea Schittenhelm, hatte den Antrag in einer Geheimaktion mit den Kolleginnen von SPÖ und Grünen verfertigt. Statt "Heimat bist du großer Söhne" soll es demnach künftig "Heimat großer Töchter, Söhne" heißen. Der Antrag wurde wie üblich dem zuständigen Ausschuss, dem Verfassungsausschuss, zugewiesen, wo er ab Herbst diskutiert wird. Dass Rauch-Kallat, die u.a. ehemalige Frauenministerin ist, den Antrag nicht selbst begründen durfte, fand Schittenhelm gegenüber Journalisten bedauerlich. Dass es sich um eine gezielte Aktion von Klubchef Karlheinz Kopf gehandelt haben könnte, wollte sie so nicht bestätigen. Vielleicht habe es sich ja um ein Versehen gehandelt.

Kein Kommentar zu Redeverbot

Kopf gab am Freitagabend jedenfalls keine Stellungnahme ab, auch am Samstag wollte er sich zu den Vorgängen nicht äußern. Gefragt, ob der gesamte Klub den Vorschlag der ÖVP-Frauen auf Änderung der Bundeshymne unterstütze und ob es sich bei der verhinderten Rede Rauch-Kallats um ein Redeverbot gehandelt habe, erklärte Kopf lediglich, dass er keinen Kommentar abgeben wolle.

Rauch-Kallat behielt am Freitagabend die Contenance: Sie brachte den Antrag ohne Rede ein, wollte auch im Gespräch mit Journalisten keine Schmutzwäsche waschen und übergab bloß auf Nachfrage ihre letzten parlamentarischen Worte schriftlich. Am Samstag meldete sie sich im ORF-Radio zu Wort: Der Klub habe sich "keinen guten Dienst erwiesen". Der Antrag sei ein "Beitrag zur Eliminierung von sprachlicher Diskriminierung". Hätte sie die Aktion mit dem Klub besprochen, wäre sie nicht zustande gekommen. Schittenhelm hatte am Vorabend konzediert, dass der Vorstoß nicht mit der Klubspitze abgesprochen war, sie hofft aber trotzdem auf Umsetzung.

SPÖ: Große Töchter seien "Fakt"

In der SPÖ stößt der Vorschlag inhaltlich jedenfalls auf offene Ohren: Es sei "Fakt", dass Österreich auch "große Töchter" habe und das in der Hymne zu berücksichtigen sei ein "berechtigtes Anliegen", erklärte SP-Klubchef Josef Cap. Man solle die Sache nun "unaufgeregt" und in Ruhe diskutieren. Gefragt, was er davon halte, dass Rauch-Kallat nicht ans Wort kam, meinte Cap: Er kommentiere grundsätzlich nicht die Erstellung der Rednerlisten der anderen Parteien.

Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) begrüßte den Vorstoß: "Töchter in der Bundeshymne direkt anzusprechen, würde bedeuten, die Leistungen von Frauen anzuerkennen", erklärte sie in einer Aussendung und fügte an: "Ich selbst singe die Bundeshymne schon seit Jahren immer mit dem Text 'Töchter Söhne'." SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter kündigte seine Zustimmung zu einer Änderung des Textes an. Auch für Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (S) wäre eine Änderung der Bundeshymne ein "ganz wichtiges Signal".

Grüne orten "peinliches Verhalten"

"Das Verhalten der ÖVP-Männer, Rauch-Kallat die Abschiedsrede zu vereiteln, weil sie ein ihr schon lange wichtiges Thema auch symbolisch noch einmal durchsetzen wollte, ist peinlich", finden die Grünen. Kritik an der Ex-Frauenministerin übte hingegen das BZÖ: "Rauch-Kallat stellt das personifizierte Macht- und Mobbingtum der ÖVP dar", der "Einsatz" für die Frauen in der Bundeshymne sei "pure Heuchelei".

FPÖ-Frauensprecherin Carmen Gartelgruber lehnt ein "Herumdoktern" am Text der Bundeshymne kategorisch ab. "Es ist einfach nur peinlich, wenn die ÖVP-Frauen versuchen, ihre männlichen Kollegen im Klub auszutricksen und dabei auch noch spektakulär scheitern, sodass am Ende der Eindruck bleibt, dass Mastschweine und Süßstoff wichtiger sind als Frauenanliegen", meinte sie im Hinblick auf die Themen der Endlosreden der männlichen VP-Abgeordneten. (APA)