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Hell erleuchtet, aber dem Verfall preisgegeben, zerbröseln in Italien nicht nur die Meisterwerke der Antike wie die Villa von Kaiser Hadrian. Auch die Staatsfinanzen bröckeln, der Schuldenberg wächst, und nun haben die Finanzmärkte Italien aufs Korn genommen.

Foto: AP/Tarantino

Die Wogen um Griechenland haben sich ein wenig geglättet, nun gehen sie in Italien hoch. EU-Ratspräsident Herman van Rompuy hat EU-Kreisen zufolge für heute, Montag, ein Krisentreffen einberufen. EZB-Präsident Jean-Claude Trichet, Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker, EU-Währungskommissar Olli Rehn sowie EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso nehmen daran teil. Die Finanzminister der Eurozone tagen. Grund für das Treffen: Der Druck der Finanzmärkte auf Italien hat in der Vorwoche deutlich zugenommen.

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Rom/Wien - Nach Griechenland ist nun Italien dran. Vergangenen Freitag hat sich der Druck der Märkte auf das wirtschaftlich angeschlagene Land in Form einer Börsentalfahrt und gestiegener Refinanzierungskosten manifestiert. Aus Angst vor weiterer Ansteckung hat EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy am Sonntag ein Krisentreffen für heute einberufen.

Alarmierende Zahlen

Die jüngsten Zahlen, die die EU alarmiert haben: Der Risikoaufschlag für italienische Staatsanleihen gegenüber deutschen Bundesanleihen ist auf einen neuen Höchststand von 2,45 Prozent gestiegen. Der Staat muss im zweiten Halbjahr alte Anleihen in der Höhe von 177 Milliarden Euro refinanzieren, aber das Geldausborgen wird immer teurer: Allein in der Vorwoche sind die Zinsen zehnjähriger Staatsanleihen auf 5,28 Prozent gestiegen.

All das erhöht nicht nur Italiens enormen Schuldenberg (120 Prozent des BIPs); auch die Unternehmen mit einer Verschuldung von rund 980 Milliarden Euro stöhnen unter den Folgen.

Zudem haben Gerüchte über den Rücktritt von Wirtschaftsminister Giulio Tremonti und der Zickzackkurs der Regierung bei der Haushaltssanierung die Finanzmärkte belastet. Am Freitag hat die Mailänder Börse mehr als drei Prozent verloren - und fuhr damit das schlechteste Ergebnis aller europäischen Börsen ein. Besonders gelitten haben Bank-Aktien, allen voran die Papiere der Bank-Austria-Mutter UniCredit. Sie haben allein in der Vorwoche fast 20 Prozent an Wert verloren.

Opposition besorgt

Kommt Italien weiter unter Druck, kann niemand mehr für die Standfestigkeit der europäischen Währung garantieren, zeigt man sich in italienischen Oppositionskreisen besorgt. So haben die Oppositionsführer Pierluigi Bersani und Ferdinando Casini am Sonntag der Regierung für etwaige Konjunkturmaßnahmen ihre Unterstützung zugesagt.

Die Ratingagenturen halten Italien unter Beobachtung und drohen mit einer Abstufung des Ratings. Professor Tito Boeri von der Bocconi-Universität zeigt sich im Gespräch mit dem STANDARD besorgt. "Sollte Italien nicht das Wachstum beschleunigen, sind die Staatsfinanzen gefährdet." In dem vor kurzem veröffentlichten Haushaltspaket gibt es aber keinerlei wachstumsfördernde Maßnahmen. Mit einer auf 0,9 Prozent reduzierten Wachstumsprognose für 2011 ist Italien der Nachzügler in der EU. "Solange keine strukturellen Reformen verabschiedet werden, sind die Chancen für eine Belebung gering", sagt Boeri.

Schlechter Ruf

Italien schlägt sich schon seit 150 Jahren mit den Problemen seiner Staatsfinanzen herum und hat einen dementsprechend schlechten Ruf. Hohe Staatsquoten, niedrige Produktivität und geringe Wettbewerbsfähigkeit schmälern die Leistungskraft seit Jahren.

Zwar hat Wirtschaftsminister Tremonti einen Nachtragshaushalt verabschiedet, der bis 2014 rund 47 Mrd. Euro an Sparmaßnahmen vorsieht. Ein Großteil der Einsparungen soll aber erst ab 2013 erfolgen. Das ist laut Ökonomen zu spät. Da Tremonti nicht nur von Regierungschef Silvio Berlusconi ("Tremonti glaubt, er ist ein Genie, und alle anderen sind blöd", so der Premier in La Repubblica) angefeindet wird, sondern wegen seiner rigorosen Sparpolitik faktisch den gesamten Ministerrat gegen sich hat, werden nun Rücktrittsgerüchte lauter. Die und die unsichere Zukunft der Regierung Berlusconi unterstützen die Spekulanten.

Sorgen haben auch die Großunternehmen. Der Versicherer Generali hat knapp die Hälfte seiner Kapitalanlagen in Staatstitel angelegt. Sollten diese weiterhin unter Druck geraten, wird die Anlagepolitik des Versicherers zum Risiko.

Berlusconi in der Bredouille

Einen schweren Schlag hat auch Regierungschef Berlusconi als Geschäftsmann erlitten. Seine Medienholding Fininvest muss laut Gerichtsurteil 560 Mio. Euro an den Unternehmer Carlo De Benedetti zahlen. Der Grund: Korruption seitens der Berlusconi-Holding. Fininvest hat einen Richter im Streit um den Zuschlag des Verlagskonzerns Mondadori bestochen. Um den Konzern bewarb sich auch der Unternehmer Carlo De Benedetti mit seiner Cir-Holding. Berlusconi wird die zweite Instanz anrufen. (tkb, Reuters, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 11.7.2011)