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Murdoch hat sein Übernahmeangebot für BSkyB zurückgezogen.

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"Das ist ein Sieg für die Menschen in unserem Land": Oppositionsführer Edward Miliband

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Überblick: Das Murdoch-Imperium

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Unter dem Druck von Regierung und Öffentlichkeit hat die amerikanische Medienholding News Corporation am Mittwochnachmittag das Übernahmeangebot für den britischen Bezahlsender BSkyB zurückgezogen. Rupert Murdochs Konzern stand nach immer neuen Enthüllungen krimineller Machenschaften am Pranger.

Der konservative Premierminister David Cameron begrüßte die Entscheidung, die er kurz zuvor im Unterhaus gefordert hatte: "Das Unternehmen sollte nicht über Mergers und Übernahmen nachdenken, sondern den eigenen Laden in Ordnung bringen." Labour-Oppositionsführer Edward Miliband sprach von "einem Sieg für die Menschen in unserem Land". Murdochs Einfluss auf der Insel solle "bis hierher und nicht weiter" reichen.

News Corps Vize-Chairman Chase Carey betonte in einer kurzen Erklärung, der Deal im Wert von rund neun Milliarden Euro hätte beiden Unternehmen Vorteile bringen können. "Im derzeitigen Klima ist es zu schwierig." Die Übernahme der gesamten Firma sollte der bisher größte Deal des 80-jährigen Medienzaren sein. Branchenbeobachter werten die Kehrtwende nach 13-monatiger Bieterzeit als schwere Niederlage.

Neue Vorwürfe

Murdochs britisches Verlagshaus News International (NI) sieht sich seit gut einer Woche täglich neuen Vorwürfen ausgesetzt. Zunächst ging es um kriminelle Recherchemethoden beim mittlerweile eingestellten NI-Sonntagsblatt News of the World (NoW), später auch um Bestechungszahlungen an Polizisten in Höhe von umgerechnet mindestens 113.000 Euro. Auch Sunday Times und die Sun gerieten in die Kritik.

Insgesamt sollen NI-Mitarbeiter bis zu 4000 Briten illegal abgehört haben, darunter Verbrechensopfer, Angehörige gefallener Soldaten, Politiker sowie Mitglieder des Königshauses. Auch die Strafverfolgungsbehörde steht wegen jahrelanger zögerlicher Ermittlungen in der Kritik.

Im Unterhaus sah sich der Murdoch-Konzern von der geschlossenen politischen Elite Großbritanniens an den Pranger gestellt. Einen Entschließungsantrag der Labour-Party gegen die geplante BSkyB-Gesamtübernahme hatten am Dienstagabend nicht nur Abgeordnete der konservativ-liberalen Regierungskoalition unterschrieben. Auch sämtliche kleinere Parteien im Parlament bis hin zur einzigen grünen Abgeordneten unterstützten die Machtprobe.

Durch sein entschlossenes Vorgehen der vergangenen Tage hat Labour-Chef Miliband bei Freund und Gegner Punkte gemacht. Noch vor kurzem galt der 41-Jährige als ungeschickt und unpopulär; beim Kampf um den Parteivorsitz hatte er seinen Bruder David nur mithilfe linker Gewerkschaften geschlagen. In den Umfragen lag er weit hinter Premier Cameron. In der NoW-Affäre zeigte Miliband die richtige Mischung aus staatsmännischer Zurückhaltung und parteipolitischer Wadenbeißerei.

Cameron gehandicapt 

Sein Gegenüber Cameron war von Beginn an gehandicapt: Noch als Oppositionsführer hatte der Konservative den früheren NoW-Chefredakteur Andy Coulson als Presseberater angeworben und nach Regierungsantritt auch in die Downing Street mitgenommen. Erst im Januar trat Coulson von seinem Posten zurück. "Wenn seine Beteuerungen falsch waren, dass er von illegalen Handlungen nichts wusste", sagte Cameron im Unterhaus, "wird er strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen."

Mit Zustimmung Milibands hat Cameron den Lordrichter Brian Leveson mit einer Untersuchung sämtlicher Vorwürfe betraut. Nach Anhörungen von Politikern, Polizisten und Journalisten soll der Jurist binnen zwölf Monaten seinen Bericht vorlegen. Cameron erwartet sich Vorschläge für eine Neuordnung der "unabhängigen Aufsicht" über die Presse; die bisherige freiwillige Selbstkontrolle durch das Beschwerdegremium PCC habe "nicht funktioniert". (Sebastian Borger aus London, DER STANDARD; Printausgabe, 14.7.2011)