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Seit Freitag war ein Gemeindebau in Wien-Ottakring besetzt.

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Am Donnerstag wurde der Lobmeyrhof geräumt.

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Die Autonomen wollten das leerstehende Gebäude nutzen, bis es - voraussichtlich erst Ende 2012 - generalsaniert wird.

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Seit vergangenen Freitag protestierten AktivistInnen durch eine Hausbesetzung in der Roseggergasse gegen die Generalsanierung des Lobmeyrhofs. Dadurch würden die Mieten in die Höhe getrieben, kritisierten die BesetzerInnen. Die Autonomen wollen durch die Aktion aufzeigen, dass Lebensqualität wichtiger als Profitmaximierung sei. Heute wurde die Besetzung im sechzehnten Wiener Gemeindebezirk durch die Polizei aufgelöst. Die Autonomen sind nach der Räumung in das Grüne Haus in der Lindengasse weitergezogen, um eine klare Positionierung der Partei zum Thema autonome Zwischennutzung von leerstehenden Gebäuden zu erwirken. In der Vergangenheit haben sich die Grünen positiv dazu geäußert, bislang wurden jedoch keine gesetzlichen Grundlagen in der rot-grünen Koalition in Wien geschaffen.

Verhandlungstermin wurde Räumungstermin

"Eigentlich war heute ein Verhandlungstermin mit Wiener Wohnen angesetzt. Das hat aber so ausgesehen, dass gleich die Polizei kam, um das Gebäude zu räumen. Um elf Uhr wurden die letzten Personen vom Dach gezerrt", berichtet ein Aktivist gegenüber derStandard.at. Dem widerspricht ein Sprecher aus dem Büro des Wohnbaustadtrats Michael Ludwig: "Die Personen sind freiwillig gegangen, es ist keinesfalls so, dass jemand weggezerrt wurde. Die Feuerwehr war zwar vor Ort, aber es war kein Einsatz notwendig." Rund um den Lobmeyrhof wurden zeitweilig Straßensperren errichtet.

Der Hausbesetzer kritisiert vor allem die Vorgehensweise der Beamten: "Die Anlage ist sehr weiträumig, von innen war der Räumungsbefehl nicht zu hören." Die HausbesetzerInnen wurden erkennungsdienstlich behandelt, das bedeutet, dass auch das Gesicht fotografiert wurde, berichtet er weiter.

"Unverständlich"

"Ein Zwischennutzungsgesetz liege auf dem Tisch und müsse noch mit der SPÖ verhandelt werden. Darin soll es um eine autonome Zwischennutzung von Räumlichkeiten gehen", sagt die grüne Gemeinderätin Birgit Hebein, die für soziale Fragen zuständig ist, im Gespräch mit derStandard.at. Am Donnerstag werde noch mit den HausbesetzerInnen besprochen, wie es weitergeht. Es sei jedoch aus ihrer Sicht unverständlich, warum Wiener Wohnen vor der Räumung nicht das Gespräch gesucht hat, so Hebein. "Das darf in dieser Form nicht mehr statt finden. Das ist nicht der Wiener Weg", sagt die Grüne.

Stellungnahme des Wohnbaustadtrats

Den MieterInnen seien Ersatzwohnungen angeboten worden, heißt es aus dem Büro des Wohnbaustadtrats. Zudem bestehe ein Rückkehrrecht. Er bestätigt jedoch, dass sich die Mieten nach dem Umbau erhöhen werden: "Aber im sozial verträglichen Maße. Der Lobmeyrhof bleibt ja ein Gemeindebau." So sehen die Details aus: Im Zuge der Generalsanierung sollen die Dachgeschosse ausgebaut, ein Lift errichtet und eine zeitgemäße Wärmedämmung angebracht werden. Die Gesellschaft für Stadt- und Dorferneuerung GmbH wurde in einem Vergabeverfahren als Bestbieter ermittelt.

Die Zahlen

Die Gesamtbaukosten werden auf ca. 25,8 Millionen Euro geschätzt, das sind rund 1.680 Euro pro Quadratmeter Nutzfläche. Davon können fast die Hälfte der Kosten durch öffentliche Förderungen und Zuschüsse im Rahmen des WWFSG finanziert werden, wie das Büro von Ludwig informiert. Der Baubeginn ist für voraussichtlich für 2012, spätestens Anfang 2013 vorgesehen. Für die umfassenden Sanierungsarbeiten ist eine Gesamtbauzeit von 24 Monaten veranschlagt. Der neue Lobmeyrhof sollte somit Ende 2014 fertig gestellt sein.

In dem Wohnkomplex gibt es im Moment rund 150 Wohnungen, im Moment leben nur noch zwei Hausparteien dort. Die Autonomen haben in den vergangenen Tagen versucht durch kulturelle Projekte, eine Volxküche und Errichtung einer provisorischen Infrastruktur den leerstehenden Räumen neues Leben einzuhauchen.

Wiener Grüne: Dialog vor Konfrontation

"Hausbesetzungen wollen durch Zwischennutzung von Leerstand eine lebendige Stadt ermöglichen. Es ist der Sache dienlich, wenn man konstruktiven Gesprächen mit allen Beteiligten genügend Raum gibt", meldet sich die Grüne Gemeinderätin Martina Wurzer zur Causa. Sie meint weiter: "Steigende Mieten sind gerade für Menschen in prekären Lebenssituationen ein großes Problem. In Hinblick auf eine herannahende Wirtschaftskrise, steigende Lebensmittelpreise und erhöhte Arbeitslosigkeit muss sich in Zukunft auch Wiener Wohnen verstärkt als Player mit gesellschaftlicher Verantwortung verstehen".

Wurzer kritisiert zudem die mangelnde Gesprächsbereitschaft von Wiener Wohnen: "Es ist zu hoffen, dass sich auch in Wien der Umgang mit temporären Besetzungen leerstehender Gebäude entspannt. Die Situation in vielen europäischen Städten zeigt, wie breit die Akzeptanz in der Bevölkerung sein kann, wenn alle AkteurInnen Dialog vor Konfrontation stellen." (Julia Schilly, derStandard.at, 14. Juli 2011)