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Foto: Charles Dharapak / DAPD / APA

Ausländische Hacker haben große Mengen sensibler Daten des US-Verteidigungsministeriums gestohlen. Der stellvertretende Verteidigungsminister William Lynn sagte bei der Vorstellung einer neuen Cyber-Abwehrstrategie am Donnerstag in Washington, 24.000 Dokumente seien bei dem Einbruch im März entwendet worden. Die Täter seien im Auftrag eines ausländischen Geheimdienstes in die Rechner einer Vertragsfirma des Pentagons eingedrungen.

"Mit anderen Worten: Es ist ein Staat dahinter gesteckt"

Das betroffene Unternehmen beliefere das Pentagon mit Waffensystemen und anderen Rüstungsgütern. Er machte keine näheren Angaben darüber, um welches Unternehmen es sich handelt und welche Dateien konkret entwendet wurden. Das Ministerium geht laut Lynn davon aus, dass ein ausländischer Geheimdienst hinter der Attacke steckt. "Mit anderen Worten: Es ist ein Staat dahinter gesteckt", sagte der stellvertretende Verteidigungsminister, der sich jedoch nicht konkret zu den Verdächtigen äußern wollte. Nach einem Bericht der "New York Times" waren bei ähnlichen Vorfällen der Vergangenheit meist China und manchmal Russland verdächtigt worden.

Sensibel

Es handle sich offenbar um eine der bisher schwersten einzelnen Cyberattacken auf die US-Streitkräfte, sagte Lynn. Insgesamt seien in den vergangenen Jahren sensible Daten im Umfang von mehreren Terabytes (1 Terabyte gleich 1000 Gigabyte) entwendet worden. Betroffen seien Informationen über "einige unserer sensibelsten Systeme" wie Luftfahrttechnik, Überwachungsanlagen, Satellitenkommunikationssysteme und Vorkehrungen für die Netzwerksicherheit. Täter seien meist Eindringlinge aus Firmennetzen ausländischer Rüstungsunternehmen gewesen.

Der Datenraub wirft ein Schlaglicht auf eine neue Front, mit der sich nicht nur das US-Militär im 21. Jahrhundert konfrontiert sieht. Das US-Verteidigungsministerium verfügt über mehr als 15.000 Computernetze, die mehr als sieben Millionen Rechner an hunderten Standorten weltweit miteinander verbinden. Täglich würden mehr als 60.000 neue Computerschädlinge als Bedrohung identifiziert. "Die Cyberbedrohung ist akut und potenziell verheerend. Gegner suchen konstant nach Schwachstellen", sagte Lynn.

"Department of Defense Strategy for Operating in Cyberspace"

Der volkswirtschaftliche Schaden, der den USA durch den Raub von Regierungs- und Unternehmensdaten sowie die Verletzung von Urheberrechten entsteht, beläuft sich nach Angaben von Lynn inzwischen auf mehr als eine Billion Dollar. Auch deshalb sei es höchste Zeit für eine neue Strategie des Militärs im Kampf gegen Hacker, erklärte der Vize-Verteidigungsminister vor der vom Pentagon finanzierten National Defense University in Washington. Demnach soll das Pentagon das Internet künftig als eigenen Einsatzbereich (engl. "operational domain") behandeln.

Dazu veröffentlichte das US-Verteidigungsministerium am Donnerstag ein Strategiepapier mit dem Titel "Department of Defense Strategy for Operating in Cyberspace". Ein Kern der neuen Strategie ist eine enge Zusammenarbeit mit dem Ausland. Das Verteidigungsministerium werde "zunehmend robuste internationale Beziehungen" aufbauen, um eine "kollektive Selbstverteidigung" zu ermöglichen, heißt es in dem Dokument. Nur mit einem gemeinsamen Bewusstsein und gegenseitigen Warnungen auf globaler Ebene könnten solche Angreifer im Internet unschädlich gemacht werden. "Kein einzelner Staat, keine einzelne Organisation kann alleine eine effektive Abwehr aufrechterhalten."

Spezialeinheit "Cyber Command"

Das Pentagon wolle dazu mit einer wachsenden Zahl internationaler Partner unter anderem gemeinsame Warnsysteme und Trainingsprogramme aufbauen. Jedes Land solle Verantwortung für Bereiche übernehmen, in denen es bereits heute seine Stärken und speziellen Kapazitäten hat.

Die Strategie soll von der im vergangenen Jahr gegründeten Spezialeinheit "Cyber Command" umgesetzt werden. Dazu sollen die Soldaten besser ausgebildet werden, auch mit Hilfe von konkreten Abwehrübungen und Kriegssimulationen. Ein Ziel dabei sei es, künftig bei einer Attacke vereinzelte oder auch alle Pentagon-Operationen innerhalb kürzester Zeit auf sichere Netzwerke umleiten zu können. (APA/dpa/Reuters/AFP)