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Stolz wie ein Pfau

Foto: AP/Philipp Guelland

Limitierte "Humanressourcen" - da ist Stolz ein probates Bindungsmittel: Petra Müller (Uniqa-Privatkliniken-Tochter Premiqa-Med), Susanne Stein-Dichtl (Manz Verlag), Karin Krobath (Markenberater Identitäter), Ursula Riegler (McDonald´s), Oliver Schmerold (ÖAMTC) und Stefan Zach (EVN) im aktuellen Karrierenforum.

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Es müsse derzeit nach innen viel professioneller gemanagt werden als nach außen - denn dort wisse man ja bereits, dass zielgruppenspezifische Kommunikation gefragt sei, sagt Karin Krobath, mit ihrem Unternehmen Identitäter auf Internal Branding spezialisiert: "Wer das nicht beherrscht, steht bald alleine da", fasst sie dramatisch zusammen, wenn Unternehmen auch jetzt noch nicht aufwachen wollen, wenn es um die Folgeabschätzung der Demografie-Kurve und des Kippens des Arbeitsmarktes (mehr Aussteiger als Einsteiger, prognostiziert hierzulande für 2015) geht.

Ja, der überstrapazierte Begriff "Employer-Branding", also Markenaufbau, -führung und -stärkung, sei gelegentlich schon unerträglich geworden, konstatiert Krobath, allerdings sei Führungskräften noch immer nicht bewusst, dass es dabei nicht bloß um das "Aufblasen auf Karrieremessen geht, während intern alles ganz anders läuft". Denn: Ob Mitarbeiter stolz auf ihr Unternehmen sind, das hänge immer an der unmittelbaren Führungskraft. "People join companies and leave managers", zitiert sie.

Man nehme...

Und was macht stolz? Die Zutaten sind nicht neu - aber offenbar noch immer nicht tatsächlich verwendet: Anerkannte Leistung, das Gefühl, sinnhaft zu arbeiten und Mehrwert zu schaffen, Klarheit in der Führung, Offenheit in der Kommunikation und - ja, genau: Wertschätzung.

Studien zufolge sind durchschnittlich 60 Prozent der Belegschaften auch stolz auf ihr Unternehmen - in Zeiten unsicherer Arbeitsverträge und Burnout-durchsetzter Arbeitswelten scheint das ein relativ hoher Wert zu sein. Vielleicht rührt das daher, dass eine Reihe von Unternehmen schon Good Practice angesammelt haben, etwa McDonald's, wie die Kommunikationsmanagerin Österreich, Ursula Riegler, sagt: 82 Prozent seien - abgefragt - stolz auf ihre Firma; dies, obwohl noch immer negative Klischees am Unternehmen klebten, aber: "Wir haben viel gemacht, wir haben ein permanentes Beziehungsmanagement installiert - es hat sich als sehr starkes Bindungswerkzeug erwiesen."

Zutat Feedback-Kultur

Stolz entfalte sich auf Basis von Unternehmenswerten, die gekannt und gelebt seien, sagt Petra Müller, Leiterin Marketing, Kommunikation und Business-Development bei Premia-med, die eine Reihe von Privatkliniken (etwa Döbling) führt. Mit "Kampf um gutes Personal" ist ihr Bereich schon länger konfrontiert, daher laufen seit langem Ressourcen in die Anstrengungen, stolze Mitarbeiter zu haben. Die Basishaltung: "Wir können nicht erwarten, dass Mitarbeiter stolz sind, wenn wir nicht stolz auf sie sind." Und das sollten sie auch ganz genau wissen. Oliver Schmerold, Generalsekretär des ÖAMTC, hat 75 Prozent - abgefragt - stolze Belegschaft. Er setzt vor allem auf Feedback-Kultur.

Zustimmung erhält Susanne Stein-Dichtl, geschäftsführende Gesellschafterin des Manz-Verlags, wenn sie von diesbezüglich ganz anderen Anforderungen an Führungskräfte spricht: Ein Jahres-Mitarbeitergespräch reicht längst nicht mehr aus, es gehe um permanente Aufmerksamkeit - dies persönlich, wie Schmerold ergänzt, "nicht via Mail, das funktioniert nicht".

Fokus auf die soziale Kompetenz sei diesbezüglich vor allem für das Mittelmanagement entscheidend. Drüberschwindeln und auf bessere Zeiten warten, das werde nicht funktionieren, wenn die erkannte Herausforderung das Wahrgenommenwerden als attraktiver Arbeitgeber ist, sagen alle. Krobath: "Menschen sind mündiger, anspruchsvoller, vernetzter - wenn ich die Wünsche der Mitarbeiter nicht kenne, ihre Ideen nicht höre, dann verliere ich die Kontrolle als Führungskraft."

In der börsennotierten EVN werden mannigfach Wege zum Stolz beschritten, etwa, wie Stefan Zach, Leiter der Kommunikation und Information, berichtet, regelmäßige Vorstellung zu Best Practice im Konzern - Themen querbeet. Es präsentieren nicht die Manager ihren Ruhm, es präsentieren die Mitarbeiter aller Ebenen.

Stimmiges Gesamtpaket

Und wie passt Stolz zu den immer wieder zitierten gebrochenen sozialen Kontrakten, zum Ende der Fixanstellungen auf Lebenszeit? Es gehe darum, so Zach, die Zukunftsstrategie des Unternehmens herabzubrechen auf die Entwicklungsmöglichkeiten der Leute im Unternehmen, zitiert er im Fall EVN etwa die erneuerbaren Energien. Diese Ressourcen müssten unbedingt investiert werden, sonst gehe die Basis von Sicherheit und Orientierung verloren. Es gebe ja in vielen Traditionsunternehmen ungeschriebene Gesetze, die sich wie gläserne Decken durch die Organisationen ziehen - da müsse das Entwicklungspotenzial sichtbar gemacht werden.

Klar, gefragt ist immer ein "stimmiges" Gesamtpaket, wenn Employer-Branding glückt, nicht bloß zum tausendmal gehörten Schlagwort auf dem Plakat verkommt. "Erlösung" - im Sinne von: alles erledigt, hohe Werte bei der Stolz-Frage - verspricht keiner der Diskutanten, sie sehen sich selbst mit ihrer Arbeit in permanenten Prozessen, die, noch einmal betont, hoch ressourcenintensiv sind.

Was im Rahmen des ja nun sattsam bekannten Wunsches nach Wahrgenommenwerden am öftesten kritisiert werde intern? Dass Vorgesetzte zu wenig Zeit hätten, dass die notwendige individuelle Auseinandersetzung in ständiger Zunahme von Tempo und Last zu kurz komme. Auch das ist nicht neu, sondern stellt sich immer wieder als der Knackpunkt heraus. Dies werde oft auch nicht ausreichend gehört, vor allem nun, da überwiegend konjunktureller Rückenwind Unternehmen dazu gebracht hat, in etwa so weiterzumachen wie vor Ausbruch der Krise 2008, sagt Stein-Dichtl, unwidersprochen von der Runde. Krobath bietet noch ein Bild an. "Es müssen permanent Identifikationskristalle geschaffen werden." Mit dem üblichen, bekannten Management-Blabla werde eine Marke nach innen und außen nicht stärker. (Karin Bauer, DER STANDARD, Printausgabe, 16./17.7.2011)