Bild nicht mehr verfügbar.

Zeigt her eure Schuh' - Landeshauptfrau Gabi Burgstaller präsentiert bequemes und farblich korrektes Salzburger Regierungsschuhwerk.

Foto: APA/Neumayr

Salzburg - Wenn in Salzburg vom neuen Reformeifer in der Steiermark die Rede ist, hört man oft, Salzburg habe seine Hausaufgaben längst erledigt. Abschaffung des Proporzsystems in der Regierung? Das hat man an der Salzach schon vor mehr als einem Jahrzehnt hinter sich gebracht.

Übrigens mit zweifelhaftem Ergebnis: Statt lebendigeren Parlamentarismus zu leben, wurden die Abgeordneten nur noch straffer an die großkoalitionäre Parteileine gelegt. Selbst Landeshauptfrau Gabi Burgstaller - als SPÖ-Landtagsklubchefin in den 1990er-Jahren eine Architektin der Mehrheitsverfassung - räumte im Interview mit dem Standard ein: Der Proporz wäre spannender gewesen. Es sei ein "naiver Ansatz" , dass ein Koalitionssystem zur Belebung des Landtages führe.

Die in der Steiermark geplante Verkleinerung des Landtages stößt in Salzburg auf wenig Zustimmung. Mit 36 Abgeordneten hat das Landesparlament schon jetzt weniger Mandatare, als die Steirer für die Verkleinerung planen. Burgstaller kann sich einen kleineren Landtag zwar vorstellen, spricht aber auch von einer symbolischen Aktion - ohne echten Spareffekt.

Das gewichtigste Argument gegen die Schlankheitskur liefert die Topografie. Bei einer geringeren Mandatszahl drohe eine Abkoppelung der Gebirgsregionen, die dann wenig Chancen auf eine Vertretung in der Landespolitik hätten, heißt es vonseiten der ÖVP. Hinter dem schwarzen Njet stehen freilich auch finanzielle Interessen. Jeder Mandatar spült über die Parteisteuer und die -förderung einiges in die Parteikasse.

Die Opposition ist ebenfalls wenig erfreut; die Grünen sagen, ein kleinerer Landtag mache noch keine bessere Politik. Vor allem aber fürchten sie, ganz aus dem Landesparlament zu fliegen. Aber auch die Medien sind nicht aufgesprungen: "Die Politiker schaffen ihre eigenen Jobs ab" , ätzten die Salzburger Nachrichten.

Angesichts der vergleichsweise stabilen Budgetsituation hält sich auch sonst der Veränderungswillen in Salzburg in Grenzen. Das Haushaltsminus dürfte heuer unter 100 Millionen Euro liegen. Mitte Mai waren noch 133 Millionen prognostiziert worden. Entsprechend emotionslos gehen die Regierungsparteien an den Haushalt 2012 heran.

Einige Aus- und Umbaupläne der Landeskliniken werden wohl verschoben werden, auch das eine oder andere Straßenprojekt wird später kommen. Auf Druck der ÖVP soll beim Sozialbudget eine Deckelung erfolgen, im Gegenzug müssen die Schwarzen bei der Wirtschaftsförderung und den Beamten Federn lassen. Das wahre Hauen und Stechen ist erst für die Budgetverhandlungen 2013 zu erwarten. Anfang 2014 wird gewählt.

Vorerst sind Rote wie Schwarze bemüht, sich nicht zu sehr in die Quere zu kommen. Zwar wird jeder Vorschlag des Koalitionspartners erst einmal blockiert, mehr als kleine wechselseitige Gemeinheiten sind das aber nicht. Piesacken? Ja. Ernsthaft verletzen? Nein. Burgstaller und Haslauer ist gemeinsam, dass man direkte Attacken auf den anderen tunlichst vermeidet. Und gerade im Landesdienst funktionieren die rot-schwarzen Postendeals ohnehin reibungslos.

Aktuell etwa in der Kulturabteilung: Von der Öffentlichkeit nahezu unbemerkt, wird dort eine rote Parteisekretärin auf leitendem Posten installiert. "Leben und leben lassen" , sagt ÖVP-Landesparteichef Wilfried Haslauer.

Beide Seiten wissen, dass sie sich auch nach 2014 wieder brauchen werden. In den Umfragen liegt man Kopf an Kopf, mit einem leichten Vorteil aufseiten der SPÖ, die auf die Sympathiewerte Burgstallers und auf frischen Schwung durch die neue Soziallandesrätin Cornelia Schmidjell hoffen kann.

Mit der blauen Karte ist kaum ein Stich zu machen. In beiden Großparteien haben die Großkoalitionäre das Sagen: Bei der SPÖ der Gewerkschafts- und Arbeiterkammerflügel, bei der ÖVP der Wirtschaftsbund oder beispielsweise der Präsident des Österreichischen Gemeindebundes Helmut Mödlhammer. Gerade FPÖ-Langzeitparteichef Karl Schnell gilt derzeit niemandem als möglicher Partner.

Vor diesem Hintergrund hat sich in der Regierung eine Art Arbeitsteilung herauskristallisiert. Haslauer gibt den sachorientierten Macher. Eine Rolle, die seiner Persönlichkeit entspricht.

Burgstaller sucht mehr den persönlichen Kontakt zum Wahlvolk und versucht sich als "Landesgabi" für alle. Ganz krisenfest ist die Landeshauptfrau dabei nicht. Auf die Proteste von hunderten Eltern gegen Kürzungen bei den Integrationsschulen reagierte Burgstaller verunsichert und unwirsch.

Bundespolitische Profilierung

Wenn die Landespolitik durch so ruhige Gewässer segelt, ist die Versuchung, sich bundespolitische Ausweichen zu suchen, recht groß. Und so unternimmt die rote wie die schwarze Landesspitze immer wieder Ausflüge in die Bundespolitik.

Burgstaller forderte in ihrer Funktion als turnusmäßige Vorsitzende der Landeshauptleutekonferenz jüngst Steuerhoheit für die Länder. Eine Abgabe bei der Umwidmung von Grün- in Bauland soll es werden.

Haslauer versuchte sich als bundesweiter ÖVP-Vordenker und präsentierte eigene Modelle zur Schul- oder zur Heerespolitik. Persönlich konnte sich zuletzt vor allem Haslauer profilieren: Er war bei der Umbildung der ÖVP-Regierungsmannschaft in Wien als Justizminister im Gespräch und konnte - mit Blick auf seine Landesverpflichtungen - das "ehrenvolle Angebot" (Haslauer) dann ausschlagen. (Thomas Neuhold, DER STANDARD; Printausgabe, 26.7.2011)