London/Wien - Der Goldpreis hat am Mittwoch mit 1625,24 US-Dollar (1123, 10 Euro) pro Feinunze (31 Gramm) ein neues Rekordhoch erreicht. Getrieben wird der Preis des Edelmetalls derzeit von der Angst einer Eskalation des US-Schuldenstreits. Der Konflikt um die Anhebung der US-Schuldengrenze und die damit verbundene drohende Zahlungsunfähigkeit der USA sorgt für immer mehr Anspannung an den Finanzmärkten. Anleger flüchten daher weiter in vermeintlich sichere Anlagen wie zum Beispiel Gold.

Aber nicht nur Gold glänzt bei den Anlegern. Gerade bei den Edelmetallen ist das Investoreninteresse in den vergangenen Monaten hoch gewesen. Silber etwa verzeichnete bis Mai eine Verdreifachung des Preises auf bis zu 50 Dollar je Feinunze. "Für den aktuellen Punkt im Konjunkturzyklus sollte Silber eher bei 29 US-Dollar je Unze notieren", erklärt Jeffrey Currie, Chef des Rohstoffresearch bei Goldman Sachs. Silber würde mit dem anziehenden Wachstum an Wert gewinnen, da es im Gegensatz zu Gold auch in der Industrie breite Verwendung findet. Doch die starken Gewinne seit Jahresbeginn seien angesichts der konjunkturellen Entwicklung überzogen, warnt Currie im Gespräch mit dem Standard.

Für den breiten Rohstoff-Index hingegen sollte die derzeit lahmende Konjunktur keine größeren Auswirkungen mehr haben, glaubt Currie: "Der Rückzug der Rohstoffpreise im Mai hat die Abkühlung der Konjunktur bereits vorweggenommen."

Abstand beim Ölpreis bleibt

Aus Investorensicht seien eine Handvoll von Energieträgern und Metallen attraktiv, die bei anhaltendem Wirtschaftswachstum profitieren: "Bei vier Rohstoffen, Öl, Kupfer, Zink und Platin, sehen wir eher Aufwärtspotenzial. Diese sind derzeit deutlich unter dem fundamental gerechtfertigten Preisziel", sagt Currie.

Beim Ölpreis ist derzeit die Preisdifferenz zwischen der Nordseesorte Brent und dem US-Leichtöl WTI markant. Diese dürfte laut Currie auch noch weiter anhalten. Denn in Cushing, Oklahoma, von wo aus Leichtöl in den USA transportiert wird, sind die Lagerbestände so hoch wie nie. Aus Kanada ist deutlich mehr Öl über Pipelines transportiert worden und zudem haben auch Funde von ölhaltigem Schiefer, etwa in Nord-Dakota, das Angebot vergrößert. "Das sind alles strukturelle Faktoren, die dafür sprechen, dass der Aufschlag länger bestehen bleibt", sagt Currie.

Die Sorge um das US-Defizit spiegelt sich auch am Währungsmarkt wieder. Der Schweizer Franken hat seit Mitte Mai zum Euro und zum Dollar rund zehn Prozent zugelegt. Experten halten inzwischen sogar eine Parität zum Euro denkbar. Für einen Euro bekommt man derzeit 1,15 Franken.

Ein Rezept gegen die Aufwertung des Franken hat die Schweizer Regierung bisher nicht gefunden. Überlegt wird derzeit, ob die eidgenössische Notenpresse angeworfen wird und mehr Franken in den Umlauf kommen. Experten sehen das aber skeptisch. (Lukas Sustala, Bettina Pfluger, DER STANDARD, Printausgabe, 28.7.2011)