"Der Anteil der Wohnkosten am Nettoeinkommen ist zwar im Wesentlichen gleich geblieben, aber man bekommt für das gleiche Geld heute mehr Wohnraum", sagt ...

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... Wolfgang Amann, der darüber hinaus "keine Handhabe gegen leerstehende Wohnungen von Privatpersonen" sieht.

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Droht in Österreich eine Wohnungsknappheit, gar eine Wohnungsnot? Nun, ganz so dramatisch sehen die Experten das Problem nicht. Die Frage der Leistbarkeit des Wohnraums sei sicherlich eine Kernfrage, sagte Andreas Oberhuber von der Forschungsgesellschaft für Wohnen, Bauen und Planen vergangene Woche im derStandard.at-Interview. Ebendiese Leistbarkeit sei in den letzten Jahrzehnten allerdings enorm gestiegen, darauf weist Wolfgang Amann vom Institu für Immobilien, Bauen und Wohnen hin - und als "direkte Folge" dieser Entwicklung wurden die Wohnungen immer größer.

"Bei uns in Österreich sind die Wohnungspreise im internationalen Vergleich relativ moderat. Das hat dazu geführt, dass der Konsum an Wohnraum zugenommen hat", erklärt Amann im Gespräch mit derStandard.at. Normalverdiener könnten sich deshalb heute eine wesentlich größere Wohnung leisten, als das noch für 15 oder 20 Jahren der Fall war. "Der Anteil der Wohnkosten am Nettoeinkommen ist zwar im Wesentlichen gleich geblieben, aber man bekommt für das gleiche Geld heute mehr Wohnraum." Die Wohnkosten seien also über viele Jahre hinweg in wesentlich geringerem Ausmaß gestiegen als die Einkommen.

Singlehaushalte nehmen zu

Grundsätzlich sei die Wohnversorgung in Österreich deshalb "nach wie vor sehr gut", so der Experte weiter. "Aber es gibt einige Entwicklungen, die einen erheblichen Fehlbestand am Wohnungsmarkt bewirken."

Zwei Faktoren seien für die drohende Wohnungsknappheit hauptsächlich verantwortlich: Einerseits steige die Wohnfläche pro Einwohner stetig an, andererseits wachse auch die Zahl der Haushalte schneller als die Bevölkerungszahl. "Wir haben heute noch eine Haushaltsgröße von etwas über 2, aber das sinkt sukzessive, vor allem weil auch die Zahl der Singlehaushalte zunimmt." Ein dritter Faktor sei die steigende Bevölkerungszahl. "Im Gegensatz zu Deutschland, wo die Bevölkerung rückläufig ist, hat Österreich eine Zunahme."

Kein Zwang zum Vermieten

Ein Problem sieht Amann auch in der "großen Zahl an Erben, die Wohnungen übernehmen, aber nicht auf den Markt bringen". Obwohl es in Österreich annähernd 500 Wohnungen pro tausend Einwohner gebe, sei Wohnungsneubau "in einem sehr erheblichen Ausmaß" nötig, um Fehlbestände zu vermeiden. "Da geht's jetzt nicht darum, dass die Leute künftig auf der Straße schlafen müssen. Es geht darum, dass die Preise steigen, wenn zuwenige Wohnungen auf dem Markt sind."

Der oft diskutierte Leerstand an Wohnungen in Österreich sei jedenfalls kein Problem des gemeinnützigen Bereichs, "denn dort ist ja verpflichtend, dass man den Hauptwohnsitz an der betreffenden Wohnung hat. In dem Sektor ist also mehr oder weniger Vollbelag gegeben." Im privaten Sektor und auch bei Eigentumswohnungen sei der Leerstand aber um einiges höher.

Man könne die Menschen eben nicht dazu zwingen, eine Wohnung, die ihnen gehört, auch zu vermieten, wenn es sich um Privatpersonen handelt. "Im geförderten Bereich, wo öffentliche Interessen dahinterstehen, ist es natürlich ein legitimes Interesse, dass diese Wohnungen auch vermietet werden. Im privaten Bereich kann man in die Privatautonomie der Menschen nicht eingreifen." Die Freiheit des Eigentums ist verfassungsrechtlich geschützt, "mit seinem Eigentum kann man im Grunde machen, was man möchte".

Steigende Preise als Ausweg?

Abhilfe könnten lediglich steigende Preise schaffen, "um Anreize für eine Verwertung dieser Wohnungen zu geben." Allerdings: "Steigende Preise haben halt sozialpolitisch ihre Schattenseiten", so Amann.

Die Problematik leerstehender Eigentumswohnungen sei in Tourismusgebieten ohnehin bereits erkannt worden, in Tirol oder in Salzburg wurde hier mit dem Raumordnungsrecht gegengesteuert. "Man kann dort also teilweise nur noch Wohnungen kaufen, wenn auch der Hauptwohnsitz dort gegründet wird." (map, derStandard.at, 2.8.2011)