Die bestehende Straßenbahn- achse durch Linz ist an der Kapazitätsgrenze. Eine zweite ist - trotz unklarer Finanzierung - unausweichlich.

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Linz - Oberösterreichs Landeshauptstadt steuert auf ein Finanzdebakel zu. Hineingelenkt in diese prekäre Situation hat sie sich selbst. 2007 schloss der Linzer Finanzdirektor Werner Penn zur Absicherung einer 195-Millionen-Franken-Anleihe ein hochspekulatives Swap-Geschäft ab. Wegen des steigenden Franken-Kurses entpuppte sich der Deal mit der Bawag jedoch als ein gewaltiges Verlustgeschäft. Fast das Doppelte der Kreditsumme, 264 Millionen Euro, soll der Stadt der Franken-Swap jetzt kosten.

Verantwortlich für das drohende Desaster macht Finanzstadtrat Johann Mayr (SPÖ) den angeblich eigenmächtig agierenden Finanzdirektor sowie die Bawag. Direktor Penn trat Ende März zurück; wegen mangelnder Risikoaufklärung, Wucher und arglistiger Täuschung wird die Stadt die Bank klagen und fordert eine Rückabwicklung des Swap-Geschäfts.

Auch ohne Spekulationsverlust ist die Finanzlage der Stadt mehr als angespannt. Linz sitzt auf mehr als einer Milliarde Euro Schulden. Kredite für Investitionen aufzunehmen, zu dieser Finanzpolitik steht Bürgermeister Franz Dobusch (SPÖ). Stehen den Schulden doch Vermögenswerte von zwei Milliarden Euro gegenüber. Dennoch ist seine Stadt mittlerweile zur Abgangsgemeinde geworden. Heuer wird das Defizit 34,7 Millionen Euro ausmachen. Trotzdem halten die Roten an Investitionen fest, Linz verschuldet sich in dem Jahr mit 57,9 Millionen Euro. Vor allem der öffentliche Verkehr muss ausgebaut werden. 420 Millionen Euro soll eine zweite zum Teil unterirdisch verlaufende Schienenachse durch Linz kosten - Finanzierung noch offen.

In der mittelfristigen Finanzplanung der Jahre 2012 und 2013 geht Finanzstadtrat Mayr von einem weiteren Defizit von 29 und 26 Millionen Euro aus. Angesichts dieser Aussichten wurde eine Arbeitsgruppe mit je einem Vertreter der Stadtsenatsparteien SPÖ, ÖVP, FPÖ und Grüne ins Leben gerufen, die Maßnahmen zur Budgetkonsolidierung ausarbeiten soll. Als ersten Schritt verordnete die Stadtregierung jetzt dem Magistrat ein Sparprogramm. Die Verwaltung muss im zweiten Halbjahr 2011 zehn Prozent der geplanten Ausgaben kürzen.

Der weitere Weg, den die SPÖ einschlagen will: mehr Einnahmen durch neue kommunale Steuern. Dazu benötigten die Städte ein eigenes Steuerfindungsrecht, fordert Mayr vom Bund. Für Linz denkt er an eine Art Nahverkehrsabgabe nach dem Vorbild der Wiener-U-Bahn-Steuer oder Nebenwohnsitz-Steuern. Den Vorschlag, eine Sondersteuer von 15 Prozent auf alkoholische Getränke in der Gastronomie einzuheben, lehnte der Gemeinderat entrüstet ab. Der Stadt hätte dies elf Millionen Euro pro Jahr bringen können.

Linz bei Schulden spitze

Die ÖVP möchte zur Linderung der Finanznot hingegen strukturelle Änderungen bei den Ausgaben. "Linz ist mit Pro-Kopf-Einnahmen von jährlich 1844 Euro die Stadt mit den meisten Steuereinnahmen, gleichzeitig hat man auch die meisten Schulden. Die Pro-Kopf-Verschuldung beträgt 2500 Euro jährlich", erklärt Gemeinderat Wolfgang Hattmannsdorfer.

Einsparungspotenzial sehen die Schwarzen bei den freiwilligen Leistungen wie den Förderungen, speziell im Bereich Integration. Unvorstellbar sei auch die Ausweitung des Gratis-Mittagessens in Kindergärten auf Horte und Schulen, wie dies im Sozialprogramm der SPÖ enthalten sei. Die Stadt solle sich bei den Sozialleistungen auf ihre Kernaufgabe rückbesinnen und private Träger, etwa bei der Kinderbetreuung, mit einbinden. (Kerstin Scheller, STANDARD-Printausgabe, 3.8.2011)