Christy Turlington für L'Oreal-Marke Maybelline

Foto: Screenshot

"Zu schön": Werbung mit Julia Roberts

Foto: Screenshot

"Werbung soll verkaufen helfen, erzeugt Images – aber zu welchem Preis?": Die deutschen Werberinnen Gabi Lück und Claudia Scholz von der Agentur Think New Group (TNG) appellieren via YouTube-Videos an Branchenkollegen und Agenturverbände, den digitalen Schönheitswahn auch in der eigenen Branche zu überdenken. Hintergrund: In Großbritannien muss der Kosmetik-Konzern L'Oreal eine Werbekampagne für Make-up mit Julia Roberts zurückziehen, weil die Schauspielerin auf den Plakaten "zu schön" ist. Die Fotos von Roberts' Gesicht seien zu stark retuschiert, sagt die britische Werbeaufsicht. Das gleiche gelte auch für Bilder des Supermodels Christy Turlington, etat.at berichtete.

"Danke England für die Inspiration", sagt Werberin Lück im Video. Sie findet es gut, "dass hier ein Land mal den ersten Schritt macht".

Lück: "Wenn wir uns anschauen, dass junge Mädchen sich unter das Skalpell legen, dann stimmt ja was nicht", meint sie. "Wir können uns alle von diesem Nein etwas abschneiden." Claudia Scholz ergänzt: "Aussehen als einziges Kapital der Frau ist heute längst überholt und nicht mehr werberelevant". Ihr Appell: "Auf das wir von diesem Nein aus England auch für Deutschland neu denken lernen."

Vom deutschen Werberat hingegen wurde das Verbot der Kampagne kritisiert. "Das halte ich für eine sehr überzogene Form, dass die Werbeaufsicht in Großbritannien ein solches Plakat verbietet", wird Sprecher Volker Nickel in deutschen Medien zitiert. Dahinter stecke "ein merkwürdiges Bild von der Lebenstüchtigkeit der Verbraucher." Die deutsche Bevölkerung würde schon richtig einschätzen können, wie Prominente aussehen, meint Nickel. "Der Verbraucher in Deutschland kann durchaus Weißwein von Rotwein unterscheiden. Genauso weiß er, dass ein Model mit und ohne Make-up unterschiedlich aussieht. Das ist Lebenserfahrung", sagte er zu "Spiegel Online", ein Verbot käme einer "Ohrfeige für den Verbraucher" gleich.

Kein Verbot in Österreich

Auch in Österreich würde diese Werbung vom Werberat wohl nicht verboten werden, sagt Geschäftsführerin Andrea Stoidl auf etat.at-Anfrage, auch sie verweist auf mündige Konsumenten. Außerdem sei der gesellschaftliche Hintergrund in England ein anderer als in Österreich. Generell agiert auch der Werberat dort strenger, so müssten etwa TV-Spots vom Werberat abgesegnet werden. Stoidl sieht es aber prinzipiell sehr positiv, wenn der Schönheitswahn in der Werbung zum Thema gemacht wird. Der österreichische Werberat arbeite hier auch mit dem Wiener Programm für Frauengesundheit zusammen.

Für Werbung ohne digital geschönte Bilder

Diese Organisation begrüßt übrigens die englische Entscheidung für das Verbot der L'Oreal-Werbung, "geschönte und digital bearbeitete Bilder schaffen irreale Vorstellungen und unerreichbare Ideale in den Köpfen von jungen Frauen, Mädchen, Burschen und Männern. Unrealistische Abbildungen führen zu einer Unzufriedenheit mit dem eigenen Aussehen und das wiederum zu einem negativen Körperbild und geringem Selbstwert. Psychische Erkrankungen wie Essstörungen und Depressionen können die Folge sein." Man hoffe, dass diese Entscheidung auch zu einem Umdenken innerhalb der österreichischen Werbe- und Marketingbranche führt. (ae)