Roland M. Kreutzer.

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Haben Sie schon einmal die etwas zweifelhafteren Seiten im Internet angesurft? Wenn Sie "durch Zufall" einmal auf einer Raubkopierer-Website, Erotik-Plattform oder Film-Piraten-Community gelandet sind, dann ist es nicht besonders unüblich, dass Sie dort auch die bekannten großen Marken aus Österreich als Werbekunden gesehen haben. Und die wissen das oft nicht einmal...

Wie kommt es, dass große Marken, die sonst so penibel darauf schauen, im passenden Umfeld zu werben und unseriöse Angebote zu umgehen, im Internet auf Seiten von Rechtsradikalen genauso werben wie rund um Sex-Angebote? Was macht das Telekom-Angebot aus Wien neben dem Raubkopierer-Download aus Russland? Der Hintergrund ist eigentlich ganz simpel: Die Werbung wurde nicht direkt dort gebucht, aber sie wurde dort "blind" ausgeliefert.

Das Problem dabei ist der "Performance"-Markt der Werbung im Internet, also der Bereich, in dem es nur um den schnellen Klick oder den Verkauf geht - und auch nur dieser (gering) bezahlt wird. Bei solch billigen Buchungen darf der Kunde dann auch wenig mitsprechen, wo und wie die Provision erzielt wird. Bei seriösen Vermarktern und Medien werden auf diesem Weg die ungenutzten Werbeflächen eingesetzt oder welche, die nicht sofort sichtbar sind. Auch jene im Umfeld von Communities und anderen nicht kontrollierbaren Umfeldern werden da gerne genutzt.

Wo Performance für Marken kritisch werden kann...

Doch der Performance-Bereich ist größer als die Medienlandschaft hierzulande. Eigene Vermarkter und Agenturen versuchen, die Werbeziele billiger einzukaufen und damit an der ausgezahlten Provision beim Kauf mitzunaschen - und da ist die Differenz um so größer, je günstiger man die Werbeleistung einkauft. Nicht selten landet ein Teil der Provision heimischer Verkäufer über eine lokale Agentur bei einem deutschen Netzwerk, das bei einem israelischen Vermarkter einkauft welches wiederum Restkontingente bei Werbenetzen weltweit nutzt, die dann auf Websites schalten. In dieser langen Kette der Anonymität verstecken sich dann auch unerwünschte Inhalte und genau die sind es, die hohe Nutzerzahlen und "billige" Abverkäufe garantieren können. Die meisten solcher Platzierungen findet man auch hinter Logins versteckt, der Werbekunde sieht so oft nur die hübsche Titelseite und merkt selbst da noch nicht, was sich ein paar Klicks hinter dem Passwort wirklich versteckt. Per Landes- und Sprachfilter, manchmal auch per Context-Zuordnung werden trotzdem Österreicher angesprochen, wenn es für den "Sale" erforderlich ist - an den schönen Zahlen darf sich der Kunde dann also auch noch erfreuen und wird keinen Verdacht schöpfen.

Gefährdet ist hier prinzipiell der gesamte Performance-Bereich. Auch seriöse Angebote spielen ihre Banner nach Priorität (also Einkommen durch die Schaltung) aus und lassen den billigen Kampagnen so genau das Inventar über, das andere nicht wollen. Das ist hinsichtlich der Monetarisierung von Websites auch verständlich, für "Nonames" als Werbekunden auch durchaus erwünscht - dort zählt nämlich wirklich nur der Performance-Anteil der Werbung. Marken, die hier mehr Rücksicht auf ihr Bild nach außen legen müssen, sollten hingegen vorsichtiger agieren. Denn in der Kostenstruktur können sie mit den Nonames mit solchen Werbeaktionen ohnehin nicht mithalten, haben aber andererseits viel zu verlieren. Über den vermeintlich hohen TKP einer Schaltung erkaufen sie sich aber weit mehr als nur die beste Platzierung und wer nicht kurzfristig denkt auch den besseren ROI einer Werbeaktivität. Die Verlockungen aus dem Performance-Bereich sollten sich Werbekunden also zumindst zweimal überlegen - immer dann, wenn man die Werbeträger nicht benennen kann, die mit Werbung bebucht werden, wird es mitunter kritisch. (derStandard.at, 11.8.2011)