Wien - Die Aufregung um die angebliche Absprache von SPÖ-Stiftungsrat Niko Pelinka mit ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz über Gäste der Diskussionssendung "Im Zentrum" sorgt für Empörung bei ÖVP und FPÖ.

Auf Seite des ÖVP-"Freundeskreises" gibt es bereits Konsequenzen. Deren Leiter Franz Medwenitsch sieht von einer Wahl Wrabetz' am Dienstag endgültig ab: "Wenn das so stimmt - und das wird sich aufgrund des Gesprächsmitschnitts verifizieren lassen -, dann ist Wrabetz für mich definitiv nicht mehr wählbar", sagte er am Samstag. Auch der Kärntner FPK-Stiftungsrat Siggi Neuschitzer sieht eine "schiefe Optik".

Auch die Klubobleute von ÖVP und FPÖ äußerten am Samstag herbe Kritik.

Für Medwenitsch, der in den vergangenen Monaten aus seiner ablehnenden Haltung zum ORF-General keinen Hehl gemacht hat, ist damit das Fass offenbar endgültig übergelaufen: "Die glaubwürdige Unabhängigkeit, die er in seiner Bewerbung verspricht - nichts als leere Worte. Tatsächlich hängt er offenbar noch mehr am Gängelband der SPÖ als angenommen", erklärte er.

"Beide Herren an den Ohren nehmen"

Neuschitzer, der sich zuletzt eher auf die Seite von Wrabetz gestellt hatte, wollte die Vorgänge im Gesprächm mit der APA nicht im Detail beurteilen, attestiert Wrabetz und Pelinka aber, dass "die Optik nicht allzu gut ist, wenn sich die beiden vor Sendungen abstimmen. Wenn das stimmt, müsste man beide Herren einmal an den Ohren nehmen".

VP-Kopf: "Handfester Medienskandal"

ÖVP-Klubobmann und Mediensprecher Karlheinz Kopf sieht "einen handfesten Medienskandal, der nicht ohne Konsequenzen bleiben kann", wie er am Samstag zur APA sagte.

"Das öffentliche Eingeständnis von SPÖ-Freundeskreisleiter Niko Pelinka, dass ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz insbesondere als interimistischer Informationsdirektor auf Zuruf der SPÖ-Zentrale funktioniert, ist an Dreistigkeit nicht mehr zu überbieten", findet der ÖVP-Mediensprecher. Die Aufregung ist zurückzuführen auf einen Bericht des Magazins "Fleisch", der Absprachen Pelinkas mit dem ORF-General, was die Besetzung der Sonntagabend-Diskussionsrunde "Im Zentrum" betrifft, nahelegt.

FPÖ: "Auf Kandidatur verzichten"

Die FPÖ fordert Wrabetz auf, sein Antreten bei der ORF-Wahl am Dienstag abzusagen. "Wenn Alexander Wrabetz noch einen Funken Würde oder Anstand in sich trägt, dann muss er von sich aus auf eine Kandidatur verzichten", sagte FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky am Samstag in einer Aussendung. BZÖ-Mediensprecher Stefan Petzner wiederum verteidigte Wrabetz und sprach von einem "durchsichtigen Manöver".

Vilimsky fürchtet sogar um die Medienfreiheit des Landes, wie er sagte. "Ein Chef des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, der in der Löwelstraße nachfragen muss, was er senden darf und wen er einladen darf, ist schlichtweg untragbar", so der FPÖ-Generalsekretär. Pelinka bezeichnet er als "SJ-Burli, das in seinem Leben noch nichts anderes geleistet hat als 'Sohn' zu sein".

Petzner gibt sich vorsichtig

Gegenteiliger Meinung in der Affäre ist Petzner: "Ich halte das für ein sehr durchsichtiges Manöver wenige Tage vor der ORF-Wahl", sagte er am Samstag zur APA. "Es ist zu prüfen, ob die Transkription mit den tatsächlichen Aussagen übereinstimmt. Mir wurde aber versichert, dass das nicht der Fall ist und damit ist das Thema für mich erledigt. Andernfalls hätte man sich aber sicher damit im Stiftungsrat auseinandersetzen müssen." Nachsatz: "Und wenn die ÖVP meint, das sei ein Medienskandal antworte ich: Das 'Moltofon' war tatsächlich einer." Das "Moltofon" wurde dem früheren ÖVP-Klubchef Wilhelm Molterer zugeschrieben, der in seiner Funktion wenig zögerlich mit Anrufen in ORF-Redaktionen gewesen sein soll.

Wrabetz: "Nehme keine Ratschläge von Unzuständigen an"

ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz hat die Vorwürfe, er habe mit dem SPÖ-Stiftungsrat Niko Pelinka die Zusammensetzung von TV-Diskussionsrunden abgesprochen, am Samstag in einer Aussendung zurückgewiesen. "Es gab weder mit Stiftungsrat Pelinka noch mit sonst jemandem diesbezügliche Absprachen. Generell halte ich fest, dass ich von Unzuständigen keine journalistischen Ratschläge annehme. Es ist selbstverständlich ausnahmslos Sache der jeweiligen Redaktion, wen sie zu einer Sendung einlädt", so Wrabetz.

Die Anschuldigungen, sowohl was die Sendung als auch die behauptete Einflussnahme betrifft, würden jeglicher Grundlage entbehren. Selbstverständlich gebe es regelmäßig Kontakte zu verschiedenen Mitgliedern des ORF-Aufsichtsgremiums, das sei nichts Ungewöhnliches, redaktionelle Belange seien dabei aber kein Thema, so Wrabetz. Er kritisierte, dass "wenige Tage vor der Wahl eine derart vordergründige Debatte losgetreten wird".

Dittlbacher: "Keine externen Ratschläge"

ORF-TV-Chefredakteur Fritz Dittlbacher betonte, dass "externe Ratschläge" zu ORF-Diskussionsrunden grundsätzlich "weder erwartet noch angenommen" würden. Zu der von Pelinka in dem vom Magazin "Fleisch" gebrachten Zitat angesprochenen Ausgabe zum Kärntner Ortstafelstreit sei die Gästeliste "klar auf der Hand" gelegen. Die Auswahl für die Gäste der Talksendungs sehen laut Dittlbacher wie folgt aus: "Für einen aktuellen Sonntagabend-Polit-Talk wie 'Im Zentrum' setzt sich die Redaktion für gewöhnlich bis Mitte der Woche eine Frist, um das interessanteste Thema zu definieren. Über diese grundsätzliche Themenwahl findet dann selbstverständlich auch eine Information an das für den Aktuellen Dienst zuständige Geschäftsführungsmitglied, also Generaldirektor Alexander Wrabetz, statt." In weiterer Folge erstelle die Diskussionsredaktion in eigener Verantwortung eine Gästeliste, so Dittlbacher. "Hier geht es um Fragen der Relevanz, aber auch der Gesprächsdramaturgie. Diese Liste wird für gewöhnlich gegen Ende der Woche zuerst dem Generaldirektor und in weiterer Folge per Presseaussendung auch der interessierten Öffentlichkeit mitgeteilt."

Cap: "Durchsichtiges Manöver"

SPÖ-Klubobmann Josef Cap stellte sich vor Pelinka und Wrabetz und sprach von einem "durchsichtigen Manöver" und einem "Diskreditierungsversuch", wie er in einer Aussendung festhielt: "Durch ein peinliches Sommertheater wird versucht, den ORF-Generaldirektor, der den ORF erfolgreich durch wirtschaftlich schwierige Zeiten geführt hat und sich jetzt um die Wiederwahl bewirbt, zu diskreditieren und Einfluss auf die anstehende Wahl des ORF-Generaldirektors zu nehmen", so Cap. Darüber hinaus habe der Redakteur des Magazins ohnehin Passagen bereits zurückgenommen, so der SPÖ-Klubchef.

Pelinka: "Wir telefonieren häufig"

Ein Bericht des Magazins "Fleisch" legte Absprachen Pelinkas mit dem ORF-General nahe, was die Besetzung der Sonntagabend-Diskussionsrunde "Im Zentrum" betrifft. So bringt das im Internet verbreitete Magazin in einem Pelinka-Porträt ein autorisiertes Zitat zu einer Ausgabe der Sendung mit dem Thema Ortstafelkonflikt: "Als mich Alex (Wrabetz, Anm.) vor der Sendung angerufen hat, hab ich jedenfalls gesagt, dass er nicht nur einen Slowenenvertreter einladen soll. Mir war klar, dass das nur schiefgehen kann." Und: "Wir telefonieren ziemlich häufig."

"Fleisch"-Herausgeber Markus Huber hat die Zitate in einer Straßenbahnfahrt gesammelt, die er für das Porträt gemeinsam mit Pelinka unternahm, wie er schilderte. Dabei lief auch ein Tonband mit. In der ursprünglichen Version, die nach hektischen Telefonaten am Freitagabend geändert wurde, hieß es noch: "Ja, wir telefonieren ziemlich häufig und seitdem er (Wrabetz, Anm.) Infodirektor ist, fragt er mich immer um meine Meinung, wer 'Im Zentrum' auftreten soll." Diese Passage änderte Huber ab, weil sie nicht autorisiert gewesen sei. Was Pelinka laut Tonband gesagt hat, verriet er nicht. Pelinka selbst sprach davon, dass die Zitate "ziemlich aus dem Zusammenhang gerissen" seien. (APA)