Wien - Der Euro-Rettungsschirm sollte nach Ansicht des Finanzexperten Daniel Gros vom Centre for European Policy Studies rasch umgesetzt, aber nicht noch einmal ausgeweitet werden. Dann könnte auch der Rettungsschirm selbst Staatsanleihen aufkaufen und nicht nur die Europäische Zentralbank (EZB), meinte Gros am Montagabend in der "ZiB 2" des ORF-Fernsehens. Den Erwerb italienischer Staatsanleihen durch die EZB befürwortet der Experte, im Falle Griechenlands sei das aber "ein Fehler" gewesen, denn man habe von vornherein gewusst, dass es Griechenland nicht schaffen werde, seine Staatsfinanzen unter Kontrolle zu bringen. Im nächsten Jahrzehnt werde das Wirtschaftswachstum niedriger sein, schätzt er.

Die aktuellen Börse-Abstürze, die eine Unsicherheit der Anleger widerspiegeln, erklärt sich Gros mit einer wachsenden Skepsis "auf beiden Seiten des Atlantiks", auf die auch die Aktienmärkte negativ reagieren würden. In Nordamerika und Europa seien über die letzten zehn Jahren die Schulden enorm gestiegen - in Amerika jene der Häuslbauer, in Europa teils die Schulden der Staaten und auch jene der Häuslbauer, etwa in Irland und Spanien. "Aber im Grunde genommen war das Phänomen sehr ähnlich", so Gros. Und jetzt würden sich die Anleger fragen: "Wenn selbst eine der stärksten Wirtschaften der Welt, nämlich die USA, herabgestuft wird, wie wird das dann in Europa ausgehen?"

Welt geht nicht bankrott

Dass "die Welt bankrott gehen" könnte, hält der Experte für "etwas übertrieben", wie er auf eine entsprechende Frage sagte. Aber die Welt stehe eben vor einem Berg von Schulden, der nicht so schnell abgetragen werden könne - vor allem, wenn man keine Inflation habe, was zur Zeit der Fall sei: "Und dann müssen wir uns jetzt vielleicht nach zehn Jahren schönem, regelmäßigen Wachstum auf zehn Jahre einrichten, in denen das Wachstum sehr unregelmäßig sein wird, niedriger sein wird." In Ländern wie etwa Deutschland und Österreich, die keine großen Schulden haben, werde das Wachstum dabei aber natürlich etwas besser sein.

Gottfried Haber, Professor für Volkswirtschaft an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt, meinte am Dienstag im "Morgenjournal" des ORF-Radio, die Wirtschaft habe die Krise zwar überwunden, die Schuldenkrise sei aber geblieben. Das Problem sei jedoch nicht neu, daher sei auch keine Panik angebracht.

An den Börsen herrsche die Angst, dass kein Staat der Welt seine Schulden in Ordnung bringt, auch die USA nicht, erklärt der Klagenfurter Uni-Professor die aktuelle Talfahrt der Aktienkurse. Die einzige sinnvolle Antwort wäre zu sagen, man werde sparen und die Budgets in den nächsten Jahren konsolidieren. Die Wirtschaft habe sich nach der Krise rasch erholt, von der Wirtschaftskrise sei aber die Schuldenkrise geblieben - und die müsse gelöst werden, so Haber: "Eigentlich müsste es ausreichen, wenn die Staaten glaubhaft machen, dass sie ihre Schulden stabilisieren können, also zumindest über die nächsten Jahre keine zusätzlichen neuen Schulden machen." (APA)